BERICHT. Die Impfpflicht ist eingeführt, es lässt sich jedoch kaum noch jemand erstimpfen. Aus der Politik kommt mehr und mehr die Botschaft: Egal, sie muss wieder weg.
Es hat schon auch etwas Beklemmendes: ÖVP, Grüne, SPÖ und Teile der Neos taten es (angeblich) nicht gerne, haben sich jedoch entschlossen, eine Impfpflicht für ab 18-Jährige einzuführen. Jetzt ist sie da – und es tut sich so gut wie nichts mehr.
Im siebentägigen Mittel lassen sich nur noch 0,02 Prozent der Bevölkerung erstimpfen. Bleibt es dabei, dauert es 50 Tage, damit der Gesamtanteil von knapp 76 Prozent, die das bereits getan haben, um einen Prozentpunkt steigt. Doch macht’s was?
Aus der Politik kommt zunehmend die Botschaft, dass es egal ist. Man hat eine Pflicht eingeführt, mag sie im Lichte des MFG-Triumphs Ende Jänner bei der Gemeinderatswahl im niederösterreichischen Waidhofen an der Ybbs aber genauso wenig ernst nehmen wie angesichts der bevorstehenden Gemeinderatswahlen in ganz Tirol, für die ähnliches erwartet wird.
Anders ausgedrückt: Dadurch, dass man es auf die Einführung einer Impfpflicht hinauslaufen lassen hat, hat man sich selbst ein zusätzliches Problem bereitet und MFG, aber auch FPÖ ein Geschenk gemacht. Das wird Landeshauptleuten, die die Pflicht wollten, erst jetzt bewusst. Also muss nicht nur die Pflicht weg, sondern am besten die ganze Pandemie.
Immer mehr Staaten weltweit stehen vor der Aufhebung sämtlicher Beschränkungen. Die Schweiz etwa. Dort ist das aber weniger parteipolitisch motiviert, sondern steht eher im Rahmen einer grundsätzlichen Strategie. In der Wirkung mag das keinen Unterschied machen, sehr wohl aber die Glaubwürdigkeit der Entscheidungsträger betreffend.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) unterbricht seinen derzeitigen Skiurlaub gerne, um eine Aussendung absetzen zu lassen, mit der frohe Kunde einhergeht: Weitere Lockerungen! „Alle Daten und Zahlen der letzten Wochen zeigen uns: Omikron stellt im Gegensatz zu vorherigen Corona-Wellen derzeit keine akute Bedrohung für unser Gesundheitssystem dar“. Markus Wallner (ÖVP), Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, denkt gar laut darüber nach, nur noch bei Symptomen testen zu lassen.
Kann man machen. Man läuft nur Gefahr, Verwirrung zu stiften: Gerade erst war noch eine Impfpflicht notwendig, die jetzt zwar besteht, aber in Vergessenheit gerät. Natürlich, vorerst gibt es noch Übergangsphasen. Vielsagend ist aber, dass zur Impfung motivierende Kampagnen mit ebenso geringer Entschlossenheit angegangen werden wie eine Alternative zur ohnehin schon vermasselten Lotterie. Und überhaupt: Das letzte Argument für die Impfung lautete, dass es um eine vorsorgliche Maßnahme für den kommenden Herbst gehe. War der schon?
PS: Auf ORF.AT lief soeben nachfolgende Meldung: „Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zeigt sich der Impfpflicht gegenüber „skeptisch“: Vor dem 15. März – vor Eintritt der Strafbarkeit – solle evaluiert werden, ob die Impfpflicht noch geeignet sei, um eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu verhindern, sagte er im Ö1-Mittagsjournal. Entscheide die begleitende Kommission, dass dem nicht so sei, könne man die Impfpflicht Mitte März „nicht scharf stellen.“
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