Richtung Vermögenssteuer

-

ANALYSE. Die ÖVP mag eine Gegnerin sozialdemokratischer Vorstellungen sein. Ausgerechnet schwarze Gemeinden sind jedoch die stärkste Lobby dafür.

„Ich halte nichts von klassenkämpferischen Parolen“, lässt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) via „Kurier“ aus Japan wissen und erteilt damit der Einführung einer Vermögenssteuer einmal mehr eine Absage. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sitzt ungefähr zeitgleich in der ORF-Pressestunde und sagt sinngemäß: Die bisher fixierten Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung werden möglicherweise nicht ausreichen und daher werde man unter Umständen noch einmal darüber reden müssen: „Die Beteiligung großer Vermögen.“

Tatsächlich läuft es längst darauf hinaus. Nicht in der Form, in der sie SPÖ-Chef Andreas Babler in seinen Konzepten stehen hat und die bedeuten würde, dass ab einer Million Euro zu zahlen ist, sondern in einer für die Volkspartei schlimmeren: Es wird auch die Häuslbauer treffen, ihr von Bregenz bis St. Pölten so wichtig sind. De facto wird es sich nämlich um eine Bodenwertbesteuerung handeln.

Schon bei den zunächst gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und Neos hat sich der damalige ÖVP-Chef Karl Nehammer bereit erklärt, die Grundsteuer zu erhöhen. Das war vor allem auch auf Druck aus den eigenen Reihen zurückzuführen: Die Gemeinden, die überwiegend schwarz sind und vom niederösterreichischen Bürgermeister Johannes Pressl (ÖVP) geführt werden, drängen darauf, weil sie dringend Geld brauchen.

Ja, schon 2013, im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen unter Führung des seinerzeitigen Finanzministers Magnus Brunner (ÖVP), ist eine Arbeitsgruppe beauftragt worden, „konkrete Vorschläge für eine Reform der Grundsteuer B zu erarbeiten“. (Die Grundsteuer B betrifft quasi alles, was nicht Land- und Forstwirtschaft ist; für diese gibt es die Grundsteuer A.)

Arbeitsgruppen werden gerne eingesetzt, um etwas auf die lange Bank zu schieben. In diesem Fall wurde Ende des vergangenen Jahres aber ein Ergebnis vorgelegt: Die (eher SPÖ-geführten) Städte schlagen eine Bodenwertabgabe vor. Bei Gebäuden sollen demnach „Bruttogeschoßfläche in m2 mal Durchschnitts-Kaufpreise“ in der Gemeinde bzw. im Bezirk die Bemessungsgrundlage bilden. Der Gemeindebund ist für eine flächenabhängige Abgabe, bei der erstens aber nach Lage und Nutzung (z.B. für sozialen Wohnbau oder freien Mietsektor) differenziert werden soll und es zweitens einen Multiplikator geben soll, über den Gemeinden bedarfsabhängig entscheiden können.

Bemerkenswerter Kommentar des Finanzministeriums, das damals noch von Magnus Brunner geführt worden ist: Es schlage „vor, keine Unter- und Obergrenzen für die Gemeinden vorzusehen. Die politische Verantwortung für Änderungen der Steuerbelastung läge damit zur Gänze bei den Gemeinden.“ Sprich: Dem Bund wär’s egal, wie sehr sie zugreifen.

In der Sache ist schon die bestehende Grundsteuer eine Vermögenssteuer, auch wenn sie für die meisten Eigentümer nicht ins Gewicht fällt. Durch eine Grundsteuer, die dem realen Wert näherkommen würde, würde sich das ändern.

In zweiten Band des Sozialberichts 2024, den das Sozialministerium herausgegeben hat, erörterten die Nationalbankökonomen Pirmin Fessler und Martin Schürz Effekte, die damit einhergehen könnten. So würden Grundstücke durch Infrastrukturinvestitionen nicht nur zum Vorteil der Eigentümer aufgewertet werden, über den Wertgewinn würde die Allgemeinheit auch etwas zurückbekommen. Davon hätten gewissermaßen alle was.

Es spricht viel dafür, dass es in diese Richtung geht: Der Finanzminister kann den Gemeinden weniger denn je so viel Geld geben, wie sie brauchen, um ihren Anteil an öffentlichen Gesundheitsausgaben etwa weiterhin tragen zu können oder Kinderbetreuungsplätze sowie die eine oder andere Freizeiteinrichtung, vom Eislaufplatz bis zum Freibad, betreiben zu können. Da liegt es nahe, ihnen über diese Steuer selbst einen Hebel in die Hand zu geben. Nebeneffekt: Sie wäre für viele Leute spürbar, die Leute wüssten aber sehr genau, wofür sie ist. Die Einnahmen würde ja in ihrer eigenen Gemeinde eingesetzt werden.

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner