Marterbauer ist der Dumme

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ANALYSE. Der Finanzminister arbeitet sich selbstlos an dem ab, was seine Vorgänger hinterlassen haben. „Danke“ wird’s keines geben dafür.

Markus Marterbauer ist kein großer Redner. Die Budgetrede hat er schnell vom Blatt gelesen. Schlimm? Zum einen kommt es auf den Inhalt an: Es ist klar geworden, dass der Finanzminister links der Mitte steht. Er hat nicht von Leistung und Entlastung geredet, sondern davon, dass er die Steuereinnahmen lieber für wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt einsetzt als für Zinsen.

Das mag bei all jenen, die Anhänger eines schlanken Staates sind, gar nicht gut ankommen. Gerade sie könnten aber auch einmal in sich gehen: „Ihre“ Finanzminister haben in den vergangenen Jahren, ja Jahrzehnten ständig von Steuersenkungen und dergleichen geredet. Auch Nulldefizite galten ihnen als Ziel. Von ihnen geblieben sind jedoch höchste Defizite und die höchste Steuer- und Abgabenquote der Geschichte. Beziehungsweise ein schier unfassbares Versagen.

Doch zurück zur Feststellung, dass Marterbauer kein großer Redner ist und damit auch kein großer, erfolgreicher Politiker sein kann, der bei Wahlen abräumt: Er ist Experte. Auch wenn man ihm nach einer Stunde nicht mehr folgen kann, weiß man, dass er weiß, wovon er redet, wenn er auf Konsum- und Investitionsquoten eingeht.

Damit kann er beruhigen, aber nicht begeistern. Doch dafür ist der SPÖ-Vorsitzende zuständig. Sein (Marterbauers) Job ist die Umsetzung. Und dabei ist es auch in dieser Hinsicht kein Schaden, dass er ist, wie er ist: Er bietet für Herbert Kickl, den Hauptgegner, kaum persönliche Angriffsflächen; insofern ist er ein schwieriger Gegner für den FPÖ-Chef, der auf der Sachebene vollkommen verloren ist, nur Bösartigkeiten kennnt.

Markus Marterbauer hat trotz allem jedoch ein riesiges Problem: Er läuft Gefahr, der Dumme zu sein. Er steht zum Regierungsprogramm und das ist vor allem ein Glück für die ÖVP. Auf unabsehbare Zeit wird er damit ausgelastet sein, aufzuräumen, was seine Vorgänger Gernot Blümel und Magnus Brunner hinterlassen haben. Wobei er sich eben dazu bekennt, dass keine Umverteilung, sprich Vermögensbesteuerung ausgemacht ist und man stattdessen zum Beispiel bei Familien kürzt.

Es ist unglaublich: Vor nicht einmal einem Jahr noch hat sich Brunner zum Beispiel dafür feiern lassen, keine Gebührenanpassung vorzunehmen. Er ziehe die Bremse, jubelte der „Kurier“: „160 Millionen Ersparnis für die Bürger“. Es handle sich um einen weiteren Schritt zur Entlastung, er wolle, dass den Menschen mehr Geld zum Leben bleibt, so der Vorarlberger wenige Wochen vor der Nationalratswahl.

Der „Kurier“ hat dann noch vorgerechnet, was die Bürger zu zahlen hätten, wenn diese und vorherige Valorisierungen nicht ausgesetzt worden wären. Zum Beispiel: „Der Reisepass würde dann statt 75,90 Euro 116,20 Euro für Erwachsene und für Kinder statt 30 Euro 45,90 Euro kosten.“ Klingt heftig. Es ist daher auch heftig, was kommt: Mit 1. Juli „darf“ Marterbauer die beiden Gebühren um knapp die Hälfte auf 112 bzw. 44 Euro anheben. Er sieht sich also gezwungen, praktisch alle unter Ex-ÖVP-Finanzministern nicht durchgeführten Anpassungen mit einem Schlag nachzuholen. „Danke“ wird’s keines geben dafür.

Es ist wie bei der sogenannten Abschaffung der kalten Progression: Was haben sich Brunner und Co. nicht dafür feiern lassen. Darauf, die Konsequenz bzw. eine Ausgabenbremse zu ziehen, haben sie jedoch „vergessen“. Auch das muss Marterbauer jetzt ausputzen: Es ist ein wesentlicher Grund dafür, dass das Budget aus dem Ruder gelaufen ist.

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