Felbermayrs Idee für Wien

-

ANALYSE. Der WIFO-Chef spricht sich neuerdings für eine Bodenwertsteuer aus. Gerade im Zusammenhang mit Immobilienspekulationen in Erwartung des Lobautunnels zeigt sich, worum es geht.

Vielleicht ist das Thema zu sperrig. Vielleicht müsste WIFO-Chef Gabriel Felbermayr von einer Vermögenssteuer reden. Es ist auffallend, dass sein Vorstoß für eine Bodenwertsteuer in der ORF-Pressestunde Anfang Oktober ebenso wenig aufgegriffen wurde wie jener dazu in seinem Kommentar zur jüngsten Konjunkturprognose. Darin präzisierte er sinngemäß, dass er die Umwandlung der Grundsteuer in eine solche empfiehlt. Und zwar nach baden-württembergischem Vorbild. Im Gegenzug, so Felbermayr, könnte die Grunderwerbsteuer reduziert werden.

Das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut ist schon länger Feuer und Flamme für eine solche Steuer. Es sieht einen Baustein, um einen größeren Anteil am Steueraufkommen aus Vermögenswerten zu erzielen. Möglich wären demnach bis zu 2,7 Milliarden Euro. Also über vier Mal mehr, als die Grundsteuer derzeit bringt und auch mehr als diese und die Grunderwerbsteuer zusammen bringen. In der Sozialdemokratie, die in Wahlzeiten für eine Vermögenssteuer ist, scheint sich die Begeisterung jedoch in Grenzen zu halten: Aus ihren Reihen heraus wird der Felbermayr-Vorstoß jedenfalls nicht erfreut aufgegriffen. So unter dem Motto: „Ja wenn das jetzt auch schon ein Nicht-Linker fordert …“

Wie der Name schon sagt, geht eine Bodenwertsteuer vom Wert eines Grundstücks aus. Gebäudewerte tun nichts zur Sache. In Baden-Württemberg gibt es eine bis zu 30-prozentige Ermäßigung, wenn das Grundstück „überwiegend für Wohnwecke“ genutzt wird. Damit wird dazu beigetragen, dass Bauland möglichst dicht bebaut wird.

Vor allem aber trägt die Steuer dem Umstand Rechnung, dass der Wert eines Grundstücks von Investitionen der Allgemeinheit abhängig sein kann. Wenn etwa ohne Zutun des Besitzers eine Verkehrsanbindung errichtet wird, kann dieser Wert steigen.

Siehe Wien-Donaustadt: Das zum Teil noch weite Grünland ist grundsätzlich interessant für Wohnbauzwecke. Umso mehr als die Rathausführung mit tatkräftiger Unterstützung von Ex-Finanzstadtrat, Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) erreicht hat, dass die ASINAG den Lobautunnel bzw. die Südostumfahrung in Angriff nimmt. Zusätzlich zur U-Bahn-Linie U2, die schon übers Niemandsland in die Seestadt brettert.

„Die Millionenäcker von Essling“, hat der „Standard“ gerade geschrieben. Zitat: „Ein herausragendes Beispiel für Immobilienspekulation ist jene riesige Grünfläche, die von der Breitenleer Straße und der Schafflerhofstraße begrenzt wird. Das 26 Hektar große Areal wurde 2013 von einer Gesellschaft des Bundes an das private Unternehmen VBV Immobilien verkauft. Der unauffällige, und der Widmung entsprechende, Kaufpreis: etwa 28 Euro pro Quadratmeter, insgesamt 7,2 Millionen Euro.

Mittlerweile hat das Areal nach Informationen des Standard eine Wertsteigerung auf rund 100 Millionen Euro erlebt – ganz ohne Umwidmung in Bauland. Wie das? Es kam zu zahlreichen Zwischen- und Weiterverkaufsdeals. Eine Firma des Immo-Unternehmers Thomas Gabriel etwa kaufte das Areal am 26. April 2022 um 65 Millionen Euro – nur um es wenige Minuten später um 86 Millionen Euro an die gemeinnützige Genossenschaft Frieden weiterzuverkaufen.“

Herzlichen Glückwunsch: Wenn man zur richtigen Zeit zugreift und einen Käufer findet, der einem einen Millionengewinn beschert, darf man sich freuen. Es ist nicht verboten. Umgekehrt aber sind die schier unglaublichen Wertsteigerungen vor allem auf öffentliche Investitionen in die Erschließung dieser Gegenden zurückzuführen. Und nicht auf Leistung.

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner