Alle Länder im Minus

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BERICHT. Nicht nur der Bund hat ein massives Budgetproblem. Vollkommen verschätzt hat sich das Finanzministerium auch darüber hinaus. Worüber man sich trotz all der Umstände schon sehr wundern muss.

Es ist kaum zu glauben: Als Teil des Euroraumes müssen gesamtstaatlich sogenannte „Maastricht-Kriterien“ eingehalten werden. Die Klassiker sind, dass die jährliche Neuverschuldung nicht über drei und der Schuldenstand nicht über 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen darf. Für Österreich kann jedoch nicht gesagt werden, was gerade ist: Der Bund legt regelmäßig Zahlen vor. Für Länder, geschweige denn Gemeinden, gibt es jedoch keine Datenbank, der zu entnehmen ist, wie sich ihre Haushalte entwickeln. Transparenz, selbst bei einzelnen von ihnen? Fehlanzeige.

Auch das Finanzministerium weiß ganz offensichtlich wenig bis gar nichts. Für heuer erwartete es unmittelbar nach der Nationalratswahl, als noch der ÖVP-Politiker Magnus Brunner an seiner Spitze stand, dass Länder und Gemeinden zusammen so gut wie keine Neuverschuldung machen werden.

Das war trotz der eingangs erwähnten Umstände aus zwei Gründen seltsam. Erstens war schon damals klar, dass sich die budgetären Rahmenbedingungen für die Entwicklung 2024 „deutlich verschlechtert“ haben im Laufe der vergangenen Monate, wie der Budgetdienst des Parlaments in einer Analyse festhält. Zweitens hat allein Wien, das auch Land ist, aber zu den Gemeinden gezählt wird, für heuer eine Neuverschuldung von 2,1 Milliarden Euro angekündigt. Sprich: Damit unterm Strich eine null herauskommt, müssten die übrigen Länder und Gemeinden zusammen ebenso viel Überschuss machen. Das ist jedoch illusorisch. Viele haben schon für heuer ebenfalls ein Defizit angekündigt.

Für das kommende Jahr schaut es überhaupt ganz übel aus. Aufgrund der miserablen Datenlage kann man das zwar nur abschätzen, das immerhin aber auf Grundlage der Mitteilungen, die die Länder (und Wien) zu ihren Voranschlägen für das kommende Jahr gemacht haben.

Alle werden im Minus sein. Vorgesehen sind summa summarum 4,4 Milliarden Euro. Das ist gut ein Prozent der Wirtschaftsleistung. Auf Wien entfällt die Hälfte, auf Salzburg 475, auf die Steiermark 393, auf Niederösterreich 350, auf Kärnten 323, auf Oberösterreich 253, auf Vorarlberg 200, auf Tirol 148 und auf das Burgenland 50 Millionen Euro.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es deutlich mehr werden. In Wien wurde mit den 2,2 Milliarden Euro bei der Budgeterstellung im Herbst 2023 gerechnet, als die Rahmenbedingungen noch besser waren. Ähnliches gilt für die Steiermark, wo die erwähnten 393 Millionen Euro einem überholten, mehrjährigen Finanzrahmen zu entnehmen sind. Ein „richtiger“ Voranschlag liegt hier wahlbedingt noch nicht vor. In Niederösterreich wiederum stammen die 350 Millionen Euro von der Budgeterstellung im Sommer – als das Hochwasser vom September, das erheblich ins Geld gehen wird, noch nicht absehbar war.

Genau genommen müsste das Budgetkapitel bei den Regierungsverhandlungen vor diesem Hintergrund zwingend unter Einbeziehung entscheidender Ländervertreter erörtert werden. Für die Einhaltung (oder Verfehlung) der „Maastricht-Kriterien“ sind sie bei diesen Summen jedenfalls relevant. Bisher gibt es eine solche Einbindung jedoch nicht. Es wirkt, als würden Budgetfragen nicht wirklich ernstgenommen werden.

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