Zuverlässig unzuverlässig

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ANALYSE. Verteidigungsministerin Tanner und ihre Partei, die ÖVP, sind dabei, auch rote Linien in europäischen Fragen aufzugeben. Siehe „Sky Shield“. Signal: Eine Regierungsbeteiligung ist sogar wichtiger als „die Sicherheit unserer Kinder und Enkel“.

Wie alle schwarzen Regierungsmitglieder hat es Verteidigungsministerin Klaudia Tanner am 7. Oktober 2021 mit ihrer Unterschrift bekundet: „Eine ÖVP-Beteiligung in dieser Bundesregierung wird es ausschließlich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben.“ Kurz darauf war Kurz weg, gab es die ÖVP in dieser Bundesregierung jedoch weiter, auch Tanner blieb.

15. Jänner 2024: Tanner schließt eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl (FPÖ) aus. Er sei ein „Sicherheitsrisiko“. 21. Jänner 2025: Erstens, Tanner nimmt an den Verhandlungen über eine Zusammenarbeit mit Kickl teil. Zweitens: Sie sieht in „Sky Shield“, der europäischen Raketenabwehr, kein Hindernis mehr: „Das wichtigste ist, dass wir in der Lage sind, uns zu verteidigen. Natürlich auch in der Luft. Ich verspüre da sehr viel Einigkeit.“

Die Verteidigungsministerin ist zuverlässig unzuverlässig. Bisher hat sie daran gearbeitet, dass sich Österreich an „Sky Shield“ beteiligen kann. Zum Beispiel mit dieser Begründung: „Wir tun das für unsere Sicherheit, für die Sicherheit unserer Kinder und Enkel.“ Insofern könnte man jetzt sagen, die Kinder und Enkel seien ihr nicht so wichtig.

Es bei dieser Feststellung bewenden zu lassen, wäre jedoch billig. Es geht hier um mehr: Tanners ÖVP ist dabei, rote Linien zu beseitigen, die sie selbst gezogen hat. „Sky Shield“ ist eine Antwort europäischer Staaten auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Es geht um gemeinsame Beschaffung und handelt sich um kein Bündnis mit einer Beistandsverpflichtung, Bedenken wegen der Neutralität hat man nicht einmal in der Schweiz, wo man diesbezüglich sehr sensibel ist. Doch das ist jetzt eine andere Geschichte.

Der Punkt ist: Hier geht es um Europapolitik, die Österreich bisher wichtig gewesen ist. Tanner hat daher am 7. Juli 2023 eine Absichtserklärung unterzeichnet, dass man sich daran beteiligen werde. Am 28. Mai 2024 ist sie einen Schritt weiter gegangen und hat eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet: „Mit der Unterzeichnung des „Memorandum of Understanding“ setzen wir heute für die Sicherheitsarchitektur Österreichs einen weiteren wichtigen Schritt, um unsere umfassende Verteidigungsfähigkeit um ein Vielfaches zu erhöhen“, erklärte sie.

Die FPÖ lehnt „Sky Shield“ jedoch ab und daher ist Tanner bereit, all ihre Unterschriften zu „vergessen“. Egal? Man sollte das größere Ganze sehen: In einer Zeit, in der Europa durch Putin bedroht und durch Trump gefordert wird, mehr für die eigene Sicherheit zu tun, sagt Österreich, man wolle doch nichts Gemeinsames machen, es sei wichtiger, dass die ÖVP weiterhin mitregieren könne.

Damit ist es kein berechenbarer Partner mehr auf europäischer Ebene. Da kann Übergangskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) in Brüssel noch so oft behaupten, dass man es auch unter einem allfälligen Kanzler Kickl bleibe. Tanner bzw. seine eigene Partei beweist das Gegenteil.

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