„Zuwanderung ins Sozialsystem“

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ANALYSE. Freiheitliche kopieren Türkise, versuchen die Öffentlichkeit in die Irre zu führen – und werden genau dort scheitern, wo sie sich wirtschaftsfreundlich-gemäßigt geben.

Freiheitlichen ist es wichtig eine Festung Österreich zu errichten und Zuwanderung ins Sozialsystem zu stoppen, wie sie in ihrem Wahlprogramm betonen. Kalkül: In Zeiten multipler Krisen sind nicht wenige Menschen mehr noch als sonst sich selbst am nächsten; daran lässt sich anknüpfen, wenn man vermittelt, dass Fremde auf ihre Kosten leben würden – und dass man das beenden werde.

Neu ist es nicht. Die „Herbert Kickl-FPÖ“ hat das nicht erfunden. Im türkisen Wahlprogramm von Sebastian Kurz hieß es 2017, also vor sieben Jahren: „Ein Punkt, den wir als wichtig ansehen, um eine Finanzierung der Entlastung zu ermöglichen, ist die Zuwanderung ins Sozialsystem zu stoppen. Der Fiskalrat geht davon aus, dass im Jahr 2018 2,7 Milliarden zusätzliche Kosten für die Flüchtlinge in Österreich entstehen. Wenn wir weiterhin illegale Migration nach Österreich zulassen, müssen wir in diesem Bereich mit immer höheren Kosten rechnen – nicht nur im Bereich der Sozialhilfe, sondern auch in der Bildung, im Gesundheitswesen und anderen Bereichen.“

Für jemanden, der sich wirtschaftskompetent gibt, ist eine solche Darstellung ziemlich jenseitig, jedenfalls aber einseitig. Das industrienahe Institut „Eco Austria“ hat heuer im Frühjahr eine Studie vorgelegt, die zeigt, wie viel Geflüchtete, die von 2015 bis 2022 nach Österreich gekommen sind, kosten – und wie viel sie einzahlen. Das Ergebnis überrascht: Obwohl die Erwerbsquoten vergleichsweise niedrig sind, sind die vielen Menschen, um die es hier vom Syrier bis zur Ukrainerin geht, auf dem Weg zu Nettozahlern. Die Kosten für Sozialleistungen und anderes mehr haben sich bei zweieinhalb Milliarden Euro pro Jahr eingependelt – und so viel werden sie bei steigender Tendenz 2025 auch voraussichtlich in Form von Steuern und Beiträgen einzahlen. Was das Ganze nachvollziehbarer machen könnte: Sie sind relativ jung und gesund, brauchen kaum Pensionen oder teure Gesundheitsleistungen.

Das mit der Festung wiederum meint Herbert Kickl nicht mehr ganz so konsequent im Sinne geschlossener Grenzen wie er das ursprünglich getan hat. Beim ORF-Sommergespräch 2023 hat er sich offen für „Gastarbeiter“ gezeigt. Menschen sollen demnach kommen, um zu arbeiten – und wieder zu gehen. Im Wahlprogramm heißt es nun: „Wo es erforderlich ist, soll eine qualifizierte Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt möglich sein.“ Die Rede ist von „eingeladenen Fremden“ und von einem „Wettbewerb um die besten Köpfe“.

Dass das so funktionieren kann, glaubt Kickl wohl selbst nicht: Gerade auch seine Zuwanderungs- und Integrationspolitik trägt dazu bei, dass Österreich im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe weit hinter den Top-Nationen zurückliegt.

Wie man das behaupten kann? Die OECD erhebt regelmäßig, wie attraktiv Staaten für Zuwanderer sind. Zum Beispiel für Facharbeiter. Gegen Österreich spreche hier eine sehr hohe Steuer- und Abgabenquote. Aber nicht nur.

Nur sehr durchschnittlich schneidet Österreich etwa auch beim Punkt „Inklusion“ ab. Wobei es ausdrücklich darum geht, wie willkommen Zuwanderer sind. Und wie ihnen die Bevölkerung (bzw. die „Natives“) gegenübersteht. Auf einer Skala von 0 bis 1 (quasi maximal willkommen) liegt Österreich bei 0,54. Die Schweiz zum Beispiel bei 0,77. Auch Neuseeland, Australien, Schweden, Norwegen und Dänemark liegen wesentlich besser (siehe Grafik).

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