Türkise Schuld, grüner Beitrag

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KOMMENTAR. Mit der Abschiebung integrierter Schülerinnen verstößt das offizielle Österreich gegen Menschenrechte, um von der Coronakrise abzulenken.

Österreich, 2021: Bei Corona-Demonstrationen mit Rechtsradikalen agiert die Polizei so zurückhaltend, dass FPÖ-Chef Norbert Hofer findet, sie sei „sehr einfühlsam“. Bei einer Abschiebung bestens integrierter Schülerinnen räumt sie dagegen Demonstrantinnen und Demonstranten aus dem Weg.

Die Regierung hat ihre Not mit BVT und Corona. Von dem Wenigen, das sie in der Pandemie machen könnte, funktioniert kaum etwas. Der „Spiegel“ ortet „Symptome gravierenden Systemversagens“. These: Davon soll abgelenkt werden, daher die kompromisslose Abschiebung. Sie passt auch zum ÖVP-Kurs, das rechte Lager zu umwerben. Motto: Einfach nur tun, was diese Leute wollen. Und zwar ohne auch nur irgendeine Ambition zu zeigen, zu machen, was christlichen oder humanitären Grundprinzipien entsprechen würde. Das wäre nicht hoffnungslos. Im Gegenteil: Beim Integrationsmonitor, den das Sozialforschungsinstitut SORA führt, zeigt sich, dass es Mehrheiten für fast alles gibt: 2016, also Mitten in der Flüchtlingskrise, meinten in Oberösterreich beispielsweise 71 Prozent, es sei „unsere Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen und menschenwürdig zu behandeln“. Andererseits fanden zwar auch viele, dass man die Grenzen dicht machen müsse, das unterstreicht aber nur, dass es allein darauf ankommt, wie man den Leuten kommt. Sie wären für sehr viel zu haben, wenn man sich anstrengt.

Die Grünen sind der ÖVP in die Falle gegangen. In der Koalition, wie sie aufgesetzt ist, sind sie nun gefangen und geben auf, was sie ursprünglich ausgemacht hat: ihr Bekenntnis zu Menschenrechten. Natürlich kann man auch bei den aktuellen Abschiebungen darauf hinweisen, dass sie im Sinne aller Instanzen seien; dass sie gewissermaßen ausjudiziert seien.

Daneben gibt es aber auch eine ganz andere Dimension, nämlich die UN-Konvention über die Rechte des Kindes: Abschiebungen von Schülerinnen in ein Land wie Georgien oder Armenien, wo sie mit ihren Eltern bei null anfangen müssen, widersprechen dieser Konvention. Sie widersprechen Artikel 2, wonach kein Kind wegen des Status oder der Tätigkeit seiner Eltern bestraft werden darf. Sie widersprechen Artikel 3, wonach bei allen staatlichen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen ist. Und so weiter und so fort.

Der ÖVP wird all das egal sein. Ihr geht es um Macht und Stimmenmaximierung; und dafür tut sie ganz hemmungslos, was ihr nötig erscheint. Was Grüne überraschen mag. Sie haben sich vor einem Jahr auf den Pakt eingelassen, und halten ihn nun eben auch um den Preis ein, dass Menschenrechte dank ihrer Duldung teilbar sein können. Das lässt tief blicken. Zumal sich mehr und mehr ja auch ihre Hoffnung auf ein bisschen Klimaschutz zerschlägt: In der immer größer werdenden Wirtschaftskrise wird es mit der ÖVP jedenfalls an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine CO2-Besteuerung geben; auch keine aufkommensneutrale, weil ein paar ja immer belastet werden würden.

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