„Remigration jetzt“

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ANALYSE. Die FPÖ macht Forderungen konkret, die bisher abstrakt gewirkt haben. Regierungspolitik spielt ihr dabei in die Hände.

Das Baschar al-Assad-Regime sitze „weiterhin fest im Sattel“, erklärte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am 22. Juli 2024, also vor nicht einmal einem halben Jahr. Wie „fest“, das ahnten damals offenbar nur Islamisten, die jetzt ohne großen Widerstand zum Sturz geschritten sind. Schallenberg irrte bei weitem nicht allein. Ihm ging es jedoch nicht um eine Lagebeurteilung, sondern um Wahlkampf: Österreich und Europa hätten sich demnach mit Assad arrangieren sollen. Und zwar mit dem Ziel, dass sich Geflüchtete aus Syrien freiwillig auf den Weg zurück machen. „Unfreiwillige Ausreisen nach Syrien werde es vorerst nicht geben“, zitierte „Der Standard“ den Minister.

Jetzt wird aufgedoppelt und vervielfacht: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) lässt einen Tag nach dem Sturz des Assad-Regimes verlauten, Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) beauftragt zu haben, alle laufenden Asylverfahren mit syrischen Staatsangehörigen auszusetzen: Der Mann agiert hier als Getriebener einer FPÖ, die immer noch weiter geht, der er im Wettbewerb um Wählerinnen und Wähler also immer unterlegen ist.

Rund 100.000 Menschen mit syrischem Migrationshintergrund leben in Österreich. Hier steht das Wort „Migrationshintergrund“, weil ein paar Tausend von ihnen bald zehn Jahre nach der großen Flüchtlingskrise die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen haben. Nicht wenige dürften hierzulande auf die Welt gekommen sein und das Land ihrer Vorfahren nicht kennen.

Das muss man vorwegschicken: Bemerkenswert viele haben am Sonntag in Wien gejubelt, nachdem sie vom Ende des Assad-Regime hörten. Reaktion von Dominik Nepp, dem freiheitlichen Stadtparteiobman: Polizisten würden einen „syrischen Mob unbehelligt“ durch Wien marschieren lassen.

Reaktion FPÖ-Chef Herbert Kickl auf Facebook: „REMIGRATION JETZT: Eure Heimat braucht Euch jetzt!“ Die Jubler könnten wieder in ihre Heimat zurückkehren. „Positiver Nebeneffekt: Das österreichische Sozialsystem wird dadurch kräftig entlastet und auch die eine oder andere Messerfachkraft wird aus Österreich verschwinden. Also, gute Heimreise!“

Das mit der Messerfachkraft spricht für sich selbst, das mit dem Sozialsystem ist sowieso Unsinn: Wie hier berichtet, dürften alle Geflüchteten zusammen, die in den Jahren von 2015 bis 2022 nach Österreich gekommen sind, im kommenden Jahr gleich viel „einzahlen“, wie sie an staatlichen Leistungen bekommen: rund zweieinhalb Milliarden Euro. Langsam, aber doch sind sie in Summe also auf dem Weg zu sogenannten Nettozahlern, über die eine alternde Gesellschaft, die noch dazu mit einem riesige Budgetloch konfrontiert ist, froh sein könnte.

Aber das ist Hebert Kickl und Dominik Nepp doch vollkommen egal: Es geht ihnen darum, Vorurteile und Konflikte zu befeuern. Feierende Muslime bilden daher einen Mob. Und weil sie es sich leisten, sich darüber zu freuen, was in ihrer (ehemaligen) Heimat passiert, sollen sie büßen und remigriert werden. Selten noch haben Freiheitliche so hemmungslos offen agiert.

Kann man hier irgendetwas relativieren? Nein. Und trotzdem liegt es in der Natur der Sache, festzuhalten, dass „das Assad-Regime“ als Fluchtgrund nicht mehr existiert. Umgekehrt aber herrscht im Moment Ungewissheit: Was kommt? Schaffen die Islamisten, die für den Sturz verantwortlich zeichnen, rechtsstaatliche Verhältnisse? Oder auch nur sichere Verhältnisse in dem Sinne, dass Geflüchtete zurückkehren können, wenn sie wollen?

Abgesehen davon hat es gute Gründe, dass Asylgewährungen (auch in Österreich) grundsätzlich unbefristet erfolgen. Das ist nicht zuletzt eine Voraussetzung dafür, dass Integration oder „Wurzeln schlagen“ sattfinden kann. Dahinter stecken nicht nur humanitäre Überlegungen. Aber auch: Was wäre es für ein Leben, nicht zu wissen, wie lange man in einem Land leben darf? Vor allem, wenn sich dieser Zustand der Ungewissheit über viele Jahre erstreckt? Eine Familie zu gründen, Eigentum zu bilden, eine Anstellung zu erhalten oder selbst eine Firma aufzubauen: eher schwer bis undenkbar.

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