Abstoßend

-

ANALYSE. ÖVP-Klubobmann August Wöginger spricht von null Toleranz bei Zuwanderung. Das lässt tief blicken.

Bei der Präsentation der Pensionsanpassung im kommenden Jahr erinnerte ÖVP-Klubobmann August Wöginger an das „2:1:0“-Ziel von Bundeskanzler Christian Stocker, seinem Parteivorsitzenden. Also 2 Prozent Inflation, 1 Prozent Wirtschaftswachstum und 0 Prozent „für jene, die unsere Gesellschaft gefährden“, wie Stocker in einem „Standard“-Interview erklärte.

Wobei selbst in den eigenen Reihen – wie schon bei Vorstößen von Ex-Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer (Stichwort „Leitkultur“, Stichwort „Normalität“) – ganz offensichtlich unklar ist, was damit gemeint ist. Denkbar ist vieles. Wöginger sprach nun von null Toleranz bei Zuwanderung. Nicht einer bestimmten, sondern schlicht Zuwanderung.

Der Mann unterscheidet nicht einmal mehr zwischen „regulärer“ und „irregulärer Migration“. Er stellt Migration als grundsätzliches Problem dar. Das ist nicht zuletzt auch standortschädigend.

In gewisser Weise geht Wöginger über das hinaus, was die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger in ihrem neuen Buch „Migrationspanik“ schreibt: Rechtspopulistische Akzente gegen Geflüchtete richten sich auch gegen jene Menschen, die sie vielleicht sogar haben möchte. Ergebnis: Diese Menschen erwägen zwar, zuzuwandern, tun es unter diesen Umständen aber nicht. Ja, bei ihnen wirken Slogans wie „Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem“, die angeblich ausschließlich gegen Geflüchtete gerichtet sein sollen, sogar noch stärker, weil sie es sich aussuchen können, in welches Land sie gehen, wie Kohlenberger warnt.

Diese Menschen sind begehrt, um sie gibt es weltweit einen Wettbewerb. Die OECD weist Österreich in puncto Attraktivität für Talentierte und Qualifizierte in einem Ranking nur einen Platz im hinteren Mittelfeld aus. Das ist verhängnisvoll: „Talentierte und qualifizierte Menschen spielen für den zukünftigen Wohlstand eines Landes eine Schlüsselrolle“, stellt die Organisation fest: „Sie besetzen Arbeitsplätze, die für Innovation und technologischen Fortschritt von entscheidender Bedeutung sind und letztlich zu stärkerem Wirtschaftswachstum, zusätzlichen Beschäftigungsmöglichkeiten und besseren Lebensbedingungen für alle beitragen.“

Kaum besser liegt Österreich bei einem Vergleich, den die Organisation „Internations“ für Expats vorgenommen hat: auf Platz 23 unter insgesamt 46 Ländern. Zu den besten gehört Österreich in Bezug auf Lebensqualität, Sicherheit und Freizeitmöglichkeiten. Katastrophal steht es aus Sicht von Expats jedoch in Bezug darauf da, Anschluss zu finden und quasi Wurzeln zu schlagen (wenn auch nur für ein paare Jahre). Hier reicht es gerade einmal für Platz 41. Dazu gehören Aspekte wie Willkommenskultur und Freundlichkeit des Landes und seiner Menschen.

Das kommt nicht irgendwoher. Siehe Wöginger.

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner