Wo ist Rendi-Wagner?

ANALYSE. Die Regierung hat den Migrationspakt genützt, um ihren bisher größten Pflock einzuschlagen. Von der designierten SPÖ-Vorsitzenden ist nichts dazu zu hören. Damit riskiert sie extrem viel. 

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ANALYSE. Die Regierung hat den Migrationspakt genützt, um ihren bisher größten Pflock einzuschlagen. Von der designierten SPÖ-Vorsitzenden ist nichts dazu zu hören. Damit riskiert sie extrem viel.

Googelt man Nachrichten mit der designierten SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner, stößt man auf Meldungen, wonach ihre Partei in den Umfragen denkbar schlecht dastehe: Sie sei von den Freiheitlichen eingeholt werden. Googelt man, aufgrund der jüngsten Ereignisse etwas verwundert darüber, „Rendi-Wagner Migrationspakt“, kommen ähnliche Suchergebnisse; dazu kommt vielleicht noch ein Hinweis auf einen „Standard“-Kommentar und dem Titel: „Die Schlafwandler der SPÖ.“

Diesen einen Anlass nicht zu nützen, grenzt an Fahrlässigkeit. 

Ja, es ist gelinge gesagt bemerkenswert, dass die designierte SPÖ-Chefin in der Debatte über den Migrationspakt nicht einmal wahrnehmbar ist: Mag sein, dass sie erst am 24. November offiziell zur Parteivorsitzenden gekürt wird. Und mag sein, dass sie im Hinblick darauf, dass sie sich bis zur nächsten Nationalratswahl, die noch sehr weit weg sein dürfte, sehr genau überlegen muss, ob sie sich zu allem und jedem äußern soll. Diesen einen Anlass nicht zu nützen, grenzt jedoch an Fahrlässigkeit.

Die schwarz-blaue Koalition mag mit ihrem „Nein“ zum UN-Migrationspakt im Sinne der „Kronenzeitung“ und ihrer Leserbriefschreiber agiert haben. Auf der anderen Seite aber hat sie damit auch einen Teil der Bevölkerung verschreckt. Das ist das eine. Das andere: Vor allem die Sebastian-Kurz-ÖVP hat sich im Übrigen auch Unmut in den eigenen Reihen verschafft; davon zeugt etwa der Dank ihres Delegationsleiters im Europäischen Parlament, Othmar Karas, an Bundespräsident Alexander Van der Bellen für dessen Kritik am „Nein“ zum Migrationspakt.

Solche Gelegenheiten wird die designierte SPÖ-Vorsitzende nicht mehr oft bekommen. 

Vor diesem Hintergrund ist es ein doppeltes Versäumnis von Rendi-Wagner, sich nicht gleich zur Wortführerin all jener gemacht zu haben, die über diese Vorgangsweise der Regierung nur noch den Kopf schütteln können: Sie hat eine ziemlich einmalige Gelegenheit ausgelassen, sich als politisches Angebot für all jene zu positionieren, die ein eher nationalistischer Kurs anwidert und die für eine grenzüberschreitende Verantwortung stehen.

Solche Gelegenheiten wird die designierte SPÖ-Vorsitzende nicht mehr oft bekommen. Und vor allem wird es immer schwieriger für sie, sie zu nützen: Zum einen hat sie bereits intern nicht wenige Genossen enttäuscht, indem sie auf Zuruf des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig die Statutenreform verwässerte, die mehr Basisdemokratie zur Folge gehabt hätte. Zum anderen lässt Rendi-Wagner damit zu, dass jemand anderer das politische Vakuum füllt, das es links von der rechtspopulistischen Regierung gibt – wer das sein könnte, ist nicht absehbar, man sollte heutzutage jedoch nicht unterschätzen, wie schnell da eine entsprechende Bewegung aufkommen kann, die dann de facto auch anstelle der Sozialdemokratie die Führung der Opposition in solchen Fragen übernimmt.

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