Straches Super-Alex

ANALYSE. Der ORF-interne Maulkorberlass ist eine Kampfansage an politischen Journalismus. Und im Übrigen eine Geringschätzung der betroffenen Redakteurinnen und Redakteure. 

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ANALYSE. Der ORF-interne Maulkorberlass ist eine Kampfansage an politischen Journalismus. Und im Übrigen eine Geringschätzung der betroffenen Redakteurinnen und Redakteure. 

Was kann einem freiheitlichen Vizekanzler Besseres passieren, als ein Sozialdemokrat an der ORF-Spitze, der politische Journalisten zu braven Berichterstattern degradieren möchte? Nichts. Man stelle sich vor, Heinz-Christian Strache hätte mit Hilfe von Stiftungsratspräsident Norbert Steger einen neuen Generaldirektor installieren müssen; von Umfärbung wäre die Rede gewesen. Oder sie hätten wirklich die „Zwangsgebühren“ abschaffen müssen, um die größte Medienorgel des Landes zum Verstummen zu bringen; das wäre weit über Österreich hinaus zum Thema geworden.

Aber es geht eben auch so: Der Sozialdemokrat Alexander Wrabetz führt den ORF zum Gefallen der jeweils Regierenden, wenn’s eng wird. Und das ist jetzt der Fall. Man denke nur an die Ankündigung von Steger, „nicht korrekte“ Korrespondenten zu streichen. Oder die zahlreichen Äußerungen, gegen die Gebühren vorzugehen, also die wesentliche Existenzgrundlage des Senders.

Konkret hat Wrabetz für seine Journalistinnen und Journalsten eine „Empfehlung für den Umgang mit sozialen Medien“ entwickeln lassen, die man in Anbetracht des Inhalts und ihres letzten Satzes als Maulkorberlass, zumindest aber als Direktive bezeichnen kann: Vorgesetzte haben die Einhaltung sicherzustellen und zu kontrollieren. Das macht viel mehr als eine bloße „Empfehlung“ daraus. Wer sich nicht daran hält, muss mit größeren Problemen rechnen.

Entweder man ist ein politischer Mensch. Oder man ist kein politischer Mensch. Ein bisschen Teilzeit gibt’s nicht.

In der Sache geht es darum, ORF-Journalistinnen und zu Journalisten zu verbieten, sowohl im privaten Umfeld (!) aus auch öffentlich Äußerungen zu tätigen, „die als Zustimmung, Ablehnung oder Wertung von Äußerungen, Sympathie, Antipathie, Kritik und „Polemik“ gegenüber politischen Institutionen, deren Vertreter/innen oder Mitgliedern zu interpretieren sind.“

Zumal das eben auch fürs private Umfeld gelten soll, kann man das so zusammenfassen: ORF-Redakteurinnen und -Redakteure haben künftig nicht mehr politisch zu sein. Und wenn jetzt der Einwand kommt, dass sich die Direktive ja nicht auf ihre unmittelbare Arbeit bezieht, sie also durchaus auch in Zukunft kritische Fragen stellen dürfen, dann ist dem dies entgegenzuhalten: Entweder man ist ein politischer Mensch. Oder man ist kein politischer Mensch. Ein bisschen Teilzeit gibt’s in diesem Zusammenhang nicht. Und nur ein politischer Mensch kann auch politischer Journalist sein. Dazu gehören Haltungen und Prinzipien, die immer und überall gelten. Sonst bleibt eher nur ein willfähriger oder zumindest braver Berichterstatter übrig. Und das will doch niemand. Oder schon? Offenbar ist genau das die Absicht.

Zum Thema passt: „Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein“

Dass es im Hinblick auf den Umgang mit Äußerungen auf sozialen Medien Handlungsbedarf gibt, steht außer Streit: Wie überall in der Öffentlichkeit muss man sich selbstverständlich auch hier sehr gut überlegen, was man wie von sich gibt. Ist ja logisch. Ein Journalist, der sich z.B. zum Fan oder ebenso banalen Feind eines Politikers macht, kann mit diesem kein vernünftiges Interview mehr führen. Aber zu alledem ist eine Kultur nötig, die allenfalls entwickelt werden muss.

Wrabetz erspart sich diese Mühe nicht nur. Ja, durch den Maulkorberlass tut er noch viel Schlimmeres: Er richtet seinen Mitarbeitern aus, dass sie selbst nicht zu vernunftgeleiteten Verhaltensweisen in der Lage sind. Doch das ist jetzt eine andere Geschichte.

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