ANALYSE. Mehr denn je ist Österreich gefordert, seine Sicherheitspolitik zu überdenken. Zumal sich die Bundesregierung zum gemeinsamen Kampf bekannt hat.
Alle reden plötzlich von Krieg, das deutsche Handelsblatt titelt gar: „Weltkrieg III.“ Und auch die „angemessene“ Antwort Frankreichs auf die Terroranschläge von Paris ließ nicht lange auf sich warten: In der Nacht auf Montag wurde die IS-Hochburg Rakka (Syrien) bombardiert. Das setzt Österreich unter Druck: Man will den Kampf gegen den Terror gemeinsam führen. Doch wie weit will man dabei gehen? Wirklich bis zum Äußersten?
Was sich am Freitagabend in Paris ereignet habe, sei ein „Kriegsakt“, sagte der französische Präsident François Hollande in einer TV-Rede: Es sei ein „Kriegsakt, der von einer terroristischen Armee“ begangen worden sei. Und im Angesicht des Kriegs müsse das Land die angemessenen Entscheidungen treffen. Nicht nur die Verhängung eines Ausnahmezustandes und eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen zählten dazu, sondern auch Luftangriffe gegen den „Islamischen Staat“.
Die Worte Hollandes erinnern ein Stück weit an jene des damaligen US-Präsidenten Georg W. Bush nach den Anschlägen vom 11. September 2001, auf die dann der Zweite Golfkrieg folgte. Nichts spricht dafür, dass Frankreich nun auch nur annähernd so weit gehen würde; aber die Luftangriffe zeigen, dass es auch auf militärische Schritte setzt.
„Diesen Kampf gegen Terror, gegen Extremismus und gegen Hass führen wir gemeinsam.“ (Erklärung der österreichsichen Regierung)
Die Entwicklungen sind auch aus österreichischer Sicht brisant; heißt es in einer Erklärung der Bundesregierung vom vergangenen Samstag doch: „Wir arbeiten eng mit der französischen Regierung und den Behörden auf allen Ebenen zusammen. Diesen Kampf gegen Terror, gegen Extremismus und gegen Hass führen wir gemeinsam. Gemeinsam für Demokratie, für Freiheit und für Menschenwürde. Und diesen Kampf werden wir auch gewinnen. Es wird aber darauf ankommen, dass wir neben dem nationalen auch einen internationalen Schulterschluss zustande bringen und auf allen Ebenen unsere Zusammenarbeit verstärken.“ Auf allen Ebenen wohlgemerkt.
Die jüngsten Ereignisse setzen Österreich unter Druck, zumal hier nach wie vor alte Prinzipien gelten: Sicherheitspolitik geht zumindest formal gesehen noch immer auch von der immerwährenden Neutralität aus. Diese gilt jedoch gegenüber Staaten – und nicht gegenüber terroristischen Organisationen. Auf der anderen Seite kann dieser Kampf gegen den Terror auch Parteinahme für oder gegen Staaten bedeuten. Wie im vorliegenden Fall für Frankreich und nicht nur gegen den IS, sondern zum Teil auch gegen Syrien bzw. dessen Machthaber Baschar al-Aassad.
Österreich befindet sich hier also in einer Zwickmühle: Ist es tatsächlich zu uneingeschränkter Unterstützung Frankreichs bereit oder kann es andere Möglichkeiten aufzeigen, die „terroristische Armee“, von der Hollande spricht, wirkungsvoll zu bekämpfen? Die Antwort darauf ist offen; sie muss geklärt werden.
> Zur Erklärung der Bundesregierung zu den Anschlägen von Paris