ANALYSE. Was sich in der Partei tut, kann dem Außenminister nicht mehr egal sein. Sofern er sie eines Tages übernehmen möchte.
Die ÖVP und Außenminister Sebastian Kurz haben nach außen hin nicht viel miteinander zu tun. Sie liefern jedenfalls unterschiedliche Nachrichten. Ein Beispiel vom 4. Mai 2017: Der Partei macht noch das „Manifest“ zu schaffen, in dem sie Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) als Kommunisten darstellt. Kurz fordert wieder einmal weniger Europa; diesmal will er, dass Österreich alleine Grenzkontrollen durchführen kann. Auch die Wirkung wird wohl unterschiedlich sein: Die Partei kommt eher schlecht rüber, während es Kurz einmal mehr gelingt, ein gewisses Volksempfinden anzusprechen.
Auf Dauer ist das natürlich kein Zustand.
Auf Dauer ist das natürlich kein Zustand: Wie sich die Partei entwickelt, kann dem Außenminister nicht egal sein. Sofern er sie eines Tages übernehmen möchte. Das hat er zwar noch nie gesagt. Davon kann man aber ausgehen. Zumindest als Spitzenkandidat dürfte er sie in die nächste Nationalratswahl führen.
Also müssen ihm gleich mehrere Entwicklungen größere Sorgen bereiten:
- Die Partei fährt mit dem Manifest eine Retro-Kampagne, die aus den 1950er Jahren stammen könnte. Ob sie das auch unter seiner Führung tun würde, ist fraglich; verfestigt sie damit doch ein Image, dass so ganz und gar nicht zu ihm passt. Zu ihm passen würde eher einer Mischung aus Modernität und Opportunität: Nicht zuletzt über soziale Medien verbreiten, was nach dem Geschmack einer möglichst großen Mehrheit ist.
- ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner denkt nicht daran, außer Dienst zu treten. Im Gegenteil, eben erst hat er für die kommenden Monate eine Mittelstandskampagne angekündigt. Und auch eine Grundsatzrede zum 15. Mai möchte er halten. Warum auch nicht? Wenn nicht alle Eindrücke täuschen, dann ist er wieder auf dem Weg der Besserung. Ohne Erwin Pröll aus St. Pölten ist es vorerst eben viel einfacher, sich zu profilieren. Und das macht es von Tag zu Tag schwerer, ihn zu stürzen.
- Auf der anderen Seite deutet Prölls Nachfolgerin, Johanna Mikl-Leitner, aber schon einmal an, dass sie nicht daran denkt, sich allein auf Niederösterreich zu beschränken. Im Gegenteil: „Niederösterreich ist und bleibt das größte Bundesland und wird deshalb weiterhin bundesweit eine bedeutende Stimme haben“, lässt sie wissen. Zusatz: „Kommt es zu Entscheidungen, die gegen die Interessen von Niederösterreich sind, werde ich hier eine starke und laute Stimme erheben.“ Das kennt man. Sprich: Es ist davon auszugehen, dass auch Mikl-Leitner vorhat, die Bundespolitik fernzusteuern. Wobei sich das naturgemäß nicht nur auf die Regierungsarbeit beschränken kann; sofern die ÖVP Teil ebendieser ist, trifft das auch die Partei. Und wenn dort einmal Kurz das Sagen haben wird.
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