ZAHLEN ZUM TAG. Gut ein Viertel der Wahlberechtigten hat noch nie oder schon länger nicht mehr gewählt.
Es ist seltsam: An der jüngsten Europawahl haben sich 44 Prozent der Wahlberechtigten nicht beteiligt. Das waren immerhin 2,9 Millionen. Auch die Nationalratswahl 2019 ließen 24 Prozent an sich vorübergehen. Das waren mehr als eineinhalb Millionen. Großes Interesse für diese Gruppe scheint es jedoch nicht zu geben. Viele Informationen liegen jedenfalls nicht vor über sie. Dabei könnte Motivforschung genauso im Sinne der Demokratie sein wie der Parteien; mit den Stimmen dieser Leute könnten sie immerhin Wahlen gewinnen.
In Deutschland gibt es sehr viele Studien zum Thema. Ein Ergebnis zum Beispiel hier: „Je ärmer ein Stadtteil oder Wahlkreis, desto weniger Wahlberechtigte machen von ihrem Wahlrecht Gebrauch.“ Hinter der Entscheidung, nicht wählen zu gehen, stecke „in vielen Fällen ein Gefühl von Machtlosigkeit und einer Distanz zu denen, die politische Entscheidungen treffen“.
Das Problem ist wohl vielschichtiger. In Österreich gibt es die niedrigste Wahlbeteiligung regelmäßig im Westen. So auch bei der jüngsten Europawahl. Dort ist der Wohlstand im Durchschnitt (!) eher größer. Außerdem: Dort ist auch die „EU-Freundlichkeit“ eher größer. Was dafür spricht, dass bei weitem nicht nur Wähler zu Hause geblieben sind, die mit der EU nichts am Hut haben.
Das bestätigt im Übrigen die „Foresight“-Wahltagsbefragung: Unter Wähler:innen meinten 19 Prozent, Österreich solle aus der EU austreten. Unter Nicht-Wähler:innen taten es 20 Prozent. Kaum mehr also.
So absurd es klingen mag, am ehesten kann man etwas über das Wahlverhalten dieser Gruppe sagen: Von den Nicht-Wähler:innen bei der Europawahl 2024 haben bei der Nationalratswahl 2019 zum Beispiel 651.000 der ÖVP ihre Stimme gegeben, knapp 300.000 der SPÖ und 234.000 den Freiheitlichen. Mehr als eineinhalb Millionen haben hingegen schon an diesem Urnengang nicht teilgenommen. Das ist der „Foresight“-Wählerstromanalyse zu entnehmen.