Und die Frauen?

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ANALYSE. Der Umgang mit sexuellen Übergriffen ist verlogen. Mikl-Leitner, Tanner und Kickl geht’s hier einzig um Migration.

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Frauen, wird aufgefordert, die gesetzliche Verankerung des Grundsatzes ,Nur Ja heißt Ja‘ im Sexualstrafrecht vorzubereiten und dem Nationalrat einen entsprechenden Gesetzesentwurf bis Ende 2025 zuzuleiten“, lautete der Text des Entschließungsantrags, der im Nationalrat mit breiter Mehrheit abgelehnt wurde. Dafür stimmten ausschließlich Grüne, aus deren Reihen er gekommen war, dagegen Freiheitliche, Sozialdemokraten, Schwarze und Pinke.

Vermittelbar ist das schwer, hatten doch insbesondere Sozialdemokraten über ihre Frauenministerin schon damals, vor drei Monaten, Druck gemacht für eine entsprechende Regelung. Offenbar aber betrachteten sie es als eine Frage, die koalitionsintern geklärt werden muss. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) will jetzt jedenfalls Druck machen, damit „Nur Ja heißt Ja“ eingeführt wird.

Anlass: Vor wenigen Tagen sind zehn Burschen wegen sexueller Übergriffe auf eine damals Zwölfjährige nicht rechtskräftig freigesprochen worden. Der Boulevard tobt, die deutsche „Bild“-Zeitung schreibt von einer „Gruppenvergewaltigung“, obwohl das laut ORF.AT bei der Hauptverhandlung kein Thema gewesen ist. Auch der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen sei von der Staatsanwaltschaft bereits im Ermittlungsverfahren fallen gelassen worden.

Der Migrationshintergrund der Burschen veranlasste die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) ungeachtet der Nicht-Verurteilung, die sofortige Abschiebung verurteilter, ausländischer Gewaltverbrecher zu fordern. Selbst wenn jetzt einer der jungen Männer verurteilt worden wäre, wäre das nicht sicher durchsetzbar: Die zehn sind entweder in Österreich aufgewachsen oder besitzen die österreichische Staatsbürgerschaft.

Insofern steht es für ein Beispiel, wie sich Politik an einem Thema abarbeitet. Siehe auch FPÖ-Chef Herbert Kickl: „Für mich zeigt dieser Fall einmal mehr, welchen Schaden die unkontrollierte Massenzuwanderung angerichtet hat“, meint er. Klar: Für seine Partei ist Vergewaltigung ein Verbrechen, das ausschließlich mit Asyl zu tun hat und daher nach „Remigration“ schreie. Nur in diesem Kontext kommt es im Wahlprogramm 2024 jedenfalls vor.

„Eurostat“ hat vor einiger Zeit nationale Statistikämter unter anderem erheben lassen, wie viele Frauen schon einmal Opfer einer Vergewaltigung geworden sind. Ergebnis: EU-weit handelte es sich – Stand: 2021 – um 3,8 Prozent, in Österreich um 4,1 Prozent, mit Abstand am meisten jedoch in skandinavischen Ländern, allen voran Schweden mit 12,6 Prozent. Also drei Mal mehr.

Wie ist das erklärbar? Migration führt nicht zur entscheidenden Antwort. Sondern dies: In Schweden wird schon seit vielen Jahren am Problembewusstsein gearbeitet, werden Frauen ermuntert, eine Vergewaltigung zur Anzeige zu bringen. Seit 2018 gilt überhaupt die „Nur Ja heißt Ja“-Regelung, wonach es eine ausdrückliches Zustimmung zu Sex geben muss.

In Österreich gilt hingegen das „Nein ist Nein“-Prinzip. Vergewaltigungsopfer müssen demnach beweisen, warum und wie sie zum Ausdruck gebracht haben, dass sie sexuelle Handlungen nicht wollten. Eine Zumutung und ein Beitrag dazu, dass viele Vergewaltigungen wohl nie als solche erfasst werden.

Die FPÖ ist nicht nur gegen „Nur Ja heißt Ja“. Sie hat jüngst im Nationalrat auch die schwarz-rot-pinke Initiative gegen sexuelle Belästigung abgelehnt: Das Zusenden unerwünschter „Dick Pics“, also von Bildern entblößter Geschlechtsorgane, wurde gegen ihren Willen – auch mit grüner Unterstützung – zu einem Straftatbestand erklärt.

Der freiheitliche Abgeordnete Markus Tschank fand dies zu hart und meinte, dass es eine Verankerung im Verwaltungsstrafrecht auch getan hätte: Gerade im Hinblick auf unüberlegte Handlungen junger Menschen gelte es zu bedenken, dass man sich künftig bereits ab dem ersten Foto im strafrechtlichen Bereich bewege, argumentierte er laut Parlamentskorrespondenz.

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