ANALYSE. Hartinger-Klein ortet „Fake News“, ist aber nicht bereit, Fakten zu liefern. Das nennt man perfid.
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ist die Botschaft, dass man von 150 Euro im Monat leben könne, sehr, sehr unangenehm geworden. Also behauptet sie hinterher, sich in dem entsprechenden Interview auf oe24.tv auf Asylwerber bezogen zu haben. Das versuchen auch Freiheitliche in den sozialen Medien neuerdings so zu transportieren: Die Kürzung der Mindestsicherung soll demnach „nur“ die Flüchtlinge treffen. Was falsch ist, wie an dieser Stelle bereits skizziert worden ist. Auch Österreicher, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, werden die Maßnahme zu spüren bekommen.
Doch es geht noch weiter: All jene, die sie wegen der 150 Euro kritisiert haben, bezeichnet die Sozialministerin in der Krone als „Fake-News-Schleudern“. Das entspricht ganz der neuen Debattenkultur: Wer die FPÖ kritisiert, ist ein Linker. Oder eben ein Lügner.
Das macht es ihr einerseits möglich, allerlei zu behaupten und damit vor allem auch, die beliebte Politik der Gefühle zu betreiben.
Das Perfide an der Geschichte ist, dass besonders Hartinger-Klein nicht bereit ist, sich auf eine faktenbasierte Auseinandersetzung einzulassen. Das macht es ihr einerseits möglich, allerlei zu behaupten und damit vor allem auch, die beliebte Politik der Gefühle zu betreiben; andererseits kann sie so eben willkürlich jeden Einwand abwehren.
Beispiel Mindestsicherung: Die Kürzung ist nicht abhängig davon, ob jemand die österreichische Staatsbürgerschaft hat oder nicht. Entscheidend sollen vielmehr gewisse Kriterien sein, wie Pflichtschulabschluss und Deutschkenntnisse auf „B1“-Niveau. Das bedeutet, dass auch österreichische Staatsbürger davon betroffen sein können.
Beispiel Pensionen: Wer wirklich Sozialausgaben angehen möchte, kann sich nicht auf AUVA- und Kassen-Verwaltung oder die Mindestsicherung beschränken. Es muss z.B. auch Pensionen angehen, die gut die Hälfte der Ausgaben ausmachen. Dieses Thema klammert Hartinger-Klein (wie im Übrigen die gesamte Regierung) jedoch elegant aus. So bleibt sie die seit eineinhalb Jahren überfällige Konstituierung der Alterssicherungskommission schuldig. Diese Kommission würde keine Reform durchführen, aber regelmäßig einen Bericht über die Entwicklung der Altersversorgung liefern, also Fakten auf den Tisch legen.
Beispiel „Aktion 20.000“. Die Regierung hat die „Aktion 20.000“ zur Beschäftigung Älterer abgebrochen. Das ist ihr gutes Recht. Und man kann schwer sagen, ob sie aufgrund der tollen Konjunkturlage wirklich noch unverzichtbar ist. Vielleicht ja, vielleicht nein. Dazu nötig wären Fakten. Jedoch: Studien dazu hält Hartinger-Klein zurück.
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