ANALYSE. Bei den Regierungsverhandlungen sind keine Landeshauptleute dabei. Das ist riskant von Nehammer, aber auch Babler, geht von ihnen doch Gefahr aus für eine Koalition.
Die Regierungsverhandlungen sind noch immer Sondierungen, und ÖVP-Chef Karl Nehammer hat einmal mehr bekräftigt, dass es „kein weiter bis bisher“ geben werde. Neu ist einzig, dass auch Neos fix dabei sein werden.
Nehammer und Andreas Babler (SPÖ) sind in keiner starken Position. Sie müssen zwar nicht befürchten, abgelöst zu werden, große Veränderungen durchzusetzen, die den Herausforderungen der Zeit gerecht werden, wird jedoch schwer für sie.
Insofern könnte es ein Fehler sein, dass den Verhandlungsteams (vorerst) keine Landeshauptleute angehören. Das mag der eine oder die andere begrüßen, entspricht aber weder staatlicher noch parteilicher Realverfassung.
Gerade weil schon vier von sechs Landeshauptleuten der ÖVP zu einer Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ übergegangen sind, wäre es illusorisch, zu glauben, dass Nehammer auf Bundesebene auf Dauer eine Politik betreiben kann, die von ihrer abweicht.
Da riskiert er, sich über kurz oder lang Schwierigkeiten mit der Niederösterreicherin Johanna Mikl-Leitner einzuhandeln, die von einem „Miteinander“- zu einem stramm rechtskonservativen Kurs gewechselt ist. Da könnte er zumindest vorsorgen und sie oder Thomas Stelzer (OÖ) oder Wilfried Haslauer (S) oder Markus Wallner (V) in die Verhandlungen zur Bildung einer türkis-rot-pinken Regierung einbinden.
Landeshauptleute würden damit sichtbar Mitverantwortung erstens für eine solche sowie zweitens damit auch eine definitive Absage an eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Chef Herbert Kickl übernehmen. Das könnte zum Beispiel im Hinblick auf die steirische Landtagswahl nützlich werden, bei der Freiheitliche abräumen und Türkise in weiterer Folge verstärkt zweifeln könnten, ob diese Entscheidung wirklich vernünftig ist. Da braucht Nehammer Rückhalt.
Da und auch aufgrund der budgetären Herausforderungen: Landeshauptleute sehen jetzt schon eine kritische Entwicklung, weil die Steuereinnahmen nicht weiter so stark steigen werden wie bisher. Das ist aber erst der Anfang. Nötig ist ein Sparpaket und ein solches ist letzten Endes nur unter Einbindung aller Teile des Staates möglich, also auch der Länder.
Auch Babler hätte gute Gründe, einen Landeshauptmann erkennbar einzubinden in die Regierungsverhandlungen. Sich also nicht nur damit zu begnügen, dass der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig eh einer der größten Anhänger eine „Großen Koalition“ plus Neos ist.
Gerade in der SPÖ haben die Zentrifugalkräfte zugenommen. Insbesondere durch den Burgenländer Hans Peter Doskozil. Mit ihm wird Babler nicht mehr zurechtkommen. Doskozil ist für Türkis-Rot-Pink aber der potenziell größte Störfaktor aus den eigenen Reihen. Aufgrund der Landtagswahl, die er im Jänner zu schlagen hat und aufgrund seiner Ablehnung von Babler ist er voll auf Oppositionskurs. Da kann Babler nur schauen, dass er starke Gegengewichte zusammenbringt. Zum Beispiel eben dadurch, dass er Ludwig zu einem der erkennbaren Architekten dieser Koalition macht. Oder Kaiser. Es könnte ihm in der Sozialdemokratie insgesamt helfen und Doskozil schwächen.