ANALYSE. Eine der wenigen Hoffnungsträgerinnen der ÖVP ist lieber Integrations- als Familienministerin. Auch wenn es ihr dort nicht um Problemlösungen geht.
Vor zwei Wochen hatte Bundesministerin Claudia Plakolm (ÖVP) zu einem „Presspoint“ ins Kanzleramt geladen. Nicht zu einer Pressekonferenz, wohlgemerkt. Sie wollte keinen Austausch, sondern lediglich mitteilen, was ihr wichtig ist zum Budget. Also: „Wer bei uns leben will, muss Teil werden. Das bedeutet, die deutsche Sprache zu lernen, …“, setzte sie an und hatte damit auch schon alles gesagt.
Claudia Plakolm ist unter anderem Integrations- und Familienministerin. Beim Budget geht es vor allem um Maßnahmen zur Konsolidierung, die Haushalte mit mehreren Mitgliedern im Allgemeinen und Familien im Besonderen betreffen: Ihnen setzt die Streichung das Klimabonus, der bis zu 290 Euro pro erwachsener und 145 Euro pro minderjähriger Person betragen hat, stärker zu, und sie sind im Übrigen von der Nicht-Anpassung von Beihilfen betroffen. Genauer: Sie müssen mehr zur Sanierung beitragen als etwa ein alleinstehender Spitzenverdiener.
Ein Familienvertreter hat gerade erzählt, wie schwer es sei, einen Termin bei der Ministerin zu bekommen. Es klingt insofern plausibel, als sie dem Thema eben auch bei ihrem „Presspoint“ nicht den Stellenwert zugesteht, den es haben sollte; sie beginnt lieber mit „Integration“ bzw. mit Signalen, die unterstellen, dass Fremde dazu gezwungen werden müssten, sich anzupassen.
Und überhaupt: Eheschließungen sollen künftig nur noch für ab 18-Jährige möglich sein. Für Plakolm handelt es sich um einen „ganz entscheidenden Schritt“, um Kinderehen zu verhindern.
Wieder so eine symbolische Maßnahme, wie die Aussetzung des Familiennachzugs für Asylberechtigte: Dieser Nachzug war in den vergangenen Jahren vorübergehend extrem stark, hat Schulen besonders in Wien überfordert. Er ist aber auf ein überschaubares Maß zurückgegangen, nachdem DNA-Tests eingeführt worden sind. Auf Druck der FPÖ musste es aber null sein. Daher die Aussetzung des Familiennachzugs, wie er als eine der ersten Maßnahmen von der schwarz-rot-pinken Regierung beschlossen worden ist.
Und jetzt die „Kinderehen“: Seit Jahren werden sie vor allem von der FPÖ thematisiert. Es handle sich um eine „dunkle Seite der Zuwanderung“, behauptet sie. Messbar ist sie nicht. Existieren kann sie – im Rahmen des Rechtsstaates – auch nicht: Derzeit gibt es nur eine Ausnahme für unter 18-Jährige: Sofern es sich um ab 16-Jährige handelt, ist eine Eheschließung nur möglich, wenn sie von einem Gericht für ehefähig erklärt werden. Der oder die Partner:in muss aber jedenfalls volljährig sein. Für Kinder geht gar nichts.
Anerkannte Eheschließungen unter Kindern gibt es schon lange nicht mehr. Das zeigt der Blick in eine Datenbank der Statistik Austria. Hier ist es möglich, zu erfahren, in welchem Alter Männer und Frauen seit 1970 geheiratet haben. Ergebnis: Ersten Partner, womit amtlich meist Männer gemeint sind, gab es in den 55 Jahren keinen, der jünger als 15, also ein Kind war. Beim zweiten Partner war das Anfang der 70er öfter (zwölf Mal) sowie Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre vereinzelt (fünf Mal) der Fall. Insgesamt also 17 Mal – und seit rund 40 Jahren kein einziges Mal mehr.