Stil vor Inhalt

-

ANALYSE. Wesentlich für eine zukünftige Regierung ist, wie sie Politik macht. Es geht darum, dem „Eliten“-Bashing entgegenzuwirken, das Leute wie Kickl und Kurz betreiben.

„Die Amerikaner haben mit der selbstverliebten Politik der eiskalten Eliten ordentlich abgerechnet“, freute sich FPÖ-Chef Herbert Kickl gleich nach dem Wahlsieg von Donald Trump. Ex-ÖVP-Obmann Sebastian Kurz äußerte sich am Wochenende in einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ ähnlich: „Der Ausgang war ein Rendezvous der Eliten mit der Realität der Wähler. Denn im medialen Mainstream wurde noch nie jemand so sehr bekämpft wie Trump. Dennoch hat ihm die Bevölkerung das Vertrauen geschenkt.“

Die Eliten und der Mainstream. Leute wie Kickl und Kurz, der zwar nicht mehr aktiv in der Politik ist, aber von „Krone“ bis ORF („Im Zentrum“) wieder die große Bühne erhält, tun so, als wären „Eliten“ das Problem der Zeit, das bekämpft werden müsse. Wobei es ihnen darum geht, mit Emotionen zu arbeiten: In den vergangenen vier, fünf Jahren hat sich sehr viel Unmut und Unbehagen aufgestaut. Kickl versucht, das unter anderem an Migranten entladen zu lassen. Aber nicht nur: „Die zentrale Botschaft der FPÖ ist nicht Migration, sondern die „Eliten“ haben keine Empathie mit euch“, stellte der Sozialforscher Christoph Hofinger in einem „Standard“-Chat zur Nationalratswahl fest.

Man könnte es durchspielen: Die Teuerung gibt es demnach, weil es Regierenden (Eliten) vollkommen egal ist, wie es gewöhnlichen Menschen geht. Und Medien (Eliten) spielen bei dem Ganzen auch noch mit. Genauso wie Wissenschaftler (Eliten). Kickl antwortet auf derlei, dass er nach oben (gegen Eliten) treten und nach unten (gewöhnliche Menschen) dienen werde.

Derlei kommt an. Sich darüber zu empören, ist das eine. Zu reagieren, das andere: Es ist wirklich so, dass die Entfremdung zwischen Politik und Bürger:innen zugenommen hat. These: Das ist nicht nur außerordentlichen Umständen geschuldet. Beispiel Corona-Pandemie, als zunächst ein Ausnahmezustand herrschte. Es hat schon auch mit der Art und Weise zu tun, wie Politik gemacht wird.

Treppenwitz: Kaum einer steht in Österreich so sehr dafür wie Sebastian Kurz mit seiner „Message Control“. Sie steht für Einbahnkommunikation von oben nach unten. Es geht darum, zu kontrollieren, was den Bürgern erzählt wird. Natürlich nur Vorteilhaftes über sich selbst. Da darf es keine Abweichung geben, ist ein kritisches „Aber“ von unten nicht vorgesehen. Insofern ist es in Wirklichkeit gegen die Bürger gerichtet. Zutiefst demokratiefeindlich.

Karl Nehammer, ein Krisengetriebener, hat das bei weitem nicht ausreichend korrigiert bisher. Er wird das jedoch tun müssen mit seinen künftigen Koalitionspartnern, sofern er es schafft, eine Regierung zu bilden, und sofern er sich als Kanzler behaupten möchte.

Wesentlich wird sein, wie Politik gemacht wird. Vielleicht sollte man einen ständigen Austausch mit Bürgern organisieren, an dem alle teilnehmen können. Wahrscheinlich müsste das auch in Form von immer wieder stattfindenden persönlichen Gesprächen vom Boden- bis zum Neusiedlersee praktiziert werden. Es würde darum gehen, ernsthaft „Kein Weiter-wie-bisher“ zu signalisieren: Zu zeigen, dass Politik bereit ist, zuzuhören und sich hinterfragen zu lassen; dass es ihr wichtig ist, in offenen Auseinandersetzungen zu erklären, was sie tut. Es wäre eine starke Geste vermeintlicher Eliten.

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner