ANALYSE. Will die Partei das „Plan A“-Schicksal bei ihrer Programmdebatte vermeiden, muss sie sich noch eine begeisterungsfähige Geschichte dazu einfallen lassen.
Würde man das alte und daher möglicherweise auch schon überholte Koordinatensystem heranziehen, könnte man feststellen, dass sich die SPÖ mit ihrem Entwurf für ein neues Programm in wesentlichen Punkten zur politischen Mitte hinbewegt. Zwei Beispiele:
- Der Sozialstaat soll „mehr als nur ein Netz der letzten Sicherheit“ sein, heißt es da: „Er ist die Grundlage dafür, dass sich Menschen erproben, ein Risiko eingehen und ihre Individualität entwickeln können.“ Man könnte auch sagen: Er soll dazu beitragen, dass sich die Leute eher trauen, etwas ganz Bestimmtes zu tun, ohne sich gleich existenzielle Sorgen machen müssen. Ein gewisser Leistungsanreiz also.
- Im Unterschied zum noch geltenden Programm soll die Sozialdemokratie nicht nur eine gemeinsame Schule der 6 bis 14-Jährigen anstreben. Diese soll vielmehr auch explizit „mit innerer Differenzierung nach Interessen, Neigungen und Fähigkeiten der Kinder“ ausgestaltet werden. Individualisierung also.
Gut, vom Sessel reißen wird diese Weiterentwicklungen jetzt außerhalb der SPÖ vielleicht kaum jemanden. Doch was das betrifft, muss die Partei überhaupt aufpassen: Sonst droht ihr ein „Plan A“-Schicksal bei ihrer Programmdebatte.
Der „Plan A“ erfüllte zu sehr den Selbstzweck, zu zeigen, dass sich da jemand wirklich viel vorgenommen haben dürfte.
Damit gemeint ist dies: Dem „Plan A“ fehlte ein Überbau, eine begeisterungsfähige Geschichte, die in wenigen Worten erklärte, wohin Christian Kern die Gesellschaft entwickeln möchte. Und zwar so eben, dass eine nennenswerte Masse festgestellt hätte: „Super, da muss ich mit!“ Stattdessen beschränkte sich das umfassende Werk mit unzähligen Vorschlägen zu sehr darauf, nur einen Selbstzweck zu erfüllen; nämlich den, zu zeigen, dass sich da jemand wirklich viel vorgenommen haben dürfte.
So ähnlich wirken nun auch die ersten Ansätze zur Programmdebatte. Man kann das Werk lesen und – ganz subjektiv – feststellen: „Und jetzt?“ Ob daraus schon die Bewegung entstehen kann, die die Sozialdemokratie braucht, um wieder einmal in die Regierung zu kommen, ist jedenfalls fraglich. Dazu fehlt wohl noch viel. Zumal die „Neue Volkspartei“ unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eher eine Meisterin darin ist, Emotionen aufzugreifen – und es damit nicht so bald vorbei sein muss; im Gegenteil.
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