ANALYSE. Gerade die Landtagswahlergebnisse von Oberösterreich unterstreichen ein Versagen des Gewerkschaftsflügels.
Die oberösterreichische Landtagswahl ist eine Abstimmung über die Flüchtlingsbewegung gewesen? Mag sein, dass das Thema dominierend gewesen ist. Im Falle der Sozialdemokraten handelt es sich dabei allerdings vor allem um eines: eine Ausrede. Wie es sie seit 30 Jahren immer wieder gibt. Denn seit 1986 Jörg Haider als FPÖ-Bundesparteiobmann die Politarena betreten hat, sind Sieg und Niederlage im Falle der Roten ausschließlich vom Zustand der Blauen abhängig. Darauf reagiert haben sie bis heute nicht. Was vor allem Gewerkschaftern anzulasten ist.
Die 80er und 90er Jahre standen ganz im Zeichen des freiheitlichen Aufstiegs. Unter Jörg Haider konnte die FPÖ die Zahl der Stimmen bei Landtagswahlen von 37.932 (1986) auf 158.555 (1997) vervierfachen. Bei den Sozialdemokraten gab es dagegen einen Einbruch von 286.115 auf 207.781.
2000 kam es zur schwarz-blauen Koalition auf Bundesebene und dem Niedergang der FPÖ. Auch in Oberösterreich: 2003 verlor sie bei der Landtagswahl fast zwei Drittel ihrer Wähler von 1997. Die SPÖ gewann dagegen fast die Hälfte ihrer Wähler zurück.
2005 wurde Jörg Haider (nach seinem Abgang bzw. der Gründung des BZÖ) an der freiheitlichen Spitze durch Heinz-Christian Strache abgelöst. Bald flog die FPÖ auch aus der Bundesregierung. Und darf sich seither in Oberösterreich wieder über regen Zulauf freuen: Die Zahl der Wähler wurde bei der Landtagswahl vom vergangenen Sonntag gegenüber 2003 auf mehr als 260.000 vervierfacht. Und die SPÖ? Erraten: Sie hat im Vergleichszeitraum die Hälfte ihrer Wähler verloren.
Man muss schon auch sehen, dass es in Oberösterreich einst eine starke Gewerkschaft gegeben hat.
Dafür allein den jeweiligen SPÖ-Landesvorsitzenden verantwortlich zu machen, würde zu kurz greifen. Man muss schon auch sehen, dass es in Oberösterreich einst eine starke Gewerkschaft gegeben hat. VOEST-Belegschaftsvertreter sind einmal auch bundespolitische Größen gewesen. Amtierender Chef ist Hans Karl Schaller. Er sitzt im Landtag und außerhalb des Landes ist er nur Eingeweihten ein Begriff.
Über die Arbeitnehmervertretung wäre die Sozialdemokratie in Oberösterreich überhaupt stark verankert. Der ÖGB-Präsident ist immerhin auch AK-Präsident (sein Name: Johann Kalliauer). Doch nicht einmal daraus verstehen es die Genossen ganz offensichtlich etwas zu machen.
Im Gegenteil: 2009 haben laut SORA-ORF-Analyse immerhin noch 34 Prozent der Arbeiter die SPÖ gewählt. Am vergangenen Sonntag waren es nur noch 15 Prozent. Die FPÖ schaffte vier Mal mehr. Warum? Der Frage, warum gerade die sozialdemokratischen Arbeitnehmervertreter derart versagen, ihrer Gefolgschaft Werte und Überzeugungen zu vermitteln, müssen sie sich selbst stellen – wollen sie sie nicht ganz untergehen und die SPÖ dabei mitreißen.