Folgt Leo

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ANALYSE. Wie der heutige Papst Trumps Vize JD Vance widersprochen hat, sollte österreichischen Bischöfen ein Vorbild sein. Sie dürfen ihr Feld nicht Rechten überlassen.

Die katholische Kirche hat ein neues Oberhaupt bekommen. Einen Anti-Trump. Allein wie Papst Leo XIV. als Kardinal Robert Francis Prevost vor einigen Wochen US-Vizepräsident JD Vance entgegengetreten ist: Vance hatte christliche Nächstenliebe umgedeutet. Ihr zufolge liebt man „zuerst seine Familie, dann seine Nächsten, dann seine Gemeinschaft, dann seine Mitbürger – und dann erst den Rest der Welt.“ Antwort Prevost auf „X“: „JD Vance irrt sich: Jesus fordert uns nicht dazu auf, unsere Liebe zu anderen zu gewichten.“

Ein wichtiger Widerspruch: Vance hatte versucht, eine Politik zu legitimieren, die Menschen ausgrenzt und entrechtet. Er hat so getan, als sei das durch christliche Nächstenliebe insofern gedeckt, als alle, die als Nicht-Mitbürger angesehen werden, keinen Anspruch darauf hätten.

Wenn man das zu Ende denkt, handelt es sich um die Aufgabe der universellen Menschenrechte. Dann werden Flüchtlinge etwa ihrem Schicksal überlassen.

Darum war es so entscheidend, dass der heutige Papst als Kardinal gesagt hat: „JD Vance irrt.“ Dass er nicht zugelassen hat, dass dieser Religion für seine Zwecke missbraucht und sich insofern auch als großer Feind der Kirche entlarvt hat. Wie es auch sein Chef, US-Präsident Donald Trump, getan hat, als er sich nach dem Tod von Franziskus als neuer Papst darstellen ließ. Mit Leo XIV. könnten ihm solche Aktionen vergehen. Der Mann schweigt nicht.

Da ist er auch österreichischen Bischöfen ein Vorbild. Religiöse Fragen im weitesten Sinne werden hierzulande zunehmend eher von blauen und türkisen Politikern behandelt. Aber mit böser Absicht: Wenn Herbert Kickl (FPÖ) oder Claudia Plakolm (ÖVP) vom Kreuz in Klassenzimmern oder einem Kopftuchverbot reden, dann geht es ihnen um Zeichen gegen den Islam, um einen Kulturkampf.

Wenn Blau-Schwarz gekommen wäre, wäre laut Verhandlungsprotokoll vom Februar auch eine einschlägige „Leitkultur“ festgelegt worden: „Bekenntnis zu unseren Bräuchen und Traditionen (Weihnachtsfeier, Nikolo, Kreuz in Klasse, etc.). Gesetzliche Verankerung und verpflichtende Festschreibung unserer Fest- und Feiertagskultur für Schulen und Kindergärten.“

Das war Heuchlerisch. Bezeichnend dafür, wie wenig ÖVP und FPÖ mit christlichen Religionen an sich, ja echter Fest- und Feiertagskultur am Hut haben, ist, dass sie es waren, die 2018 den Karfreitag als gesetzlichen Feiertag für Evangelische, Methodisten und Altkatholiken gestrichen haben.

Sie geben sich gerne als Hüter einer christlich-abendländischen Geschichte und Kultur und verwenden das auch für ihre Migrationspolitik. Wahrnehmbare Widerstände aus der Kirche haben sie dabei selten bis nie zu befürchten. Dabei würde es gerade auch darauf ankommen, dass zum Beispiel Bischöfe so klipp und klar auftreten, wie es Papst Leo XIV. gegenüber JD Vance getan hat: Niemand ist besser dazu legitimiert, über Weihnachten, Nikolo und das Kreuz in Klassenzimmern zu reden als sie; das sind ihre Feste und Symbole. Es wäre daher vor allem auch ihre Aufgabe, sich mit dem Umgang mit ihnen in einer Welt zu befassen, in der es immer mehr Nicht- oder Andersgläubige gibt; ja es wäre ihre Pflicht, das nicht Kickl und Plakolm in vermeintlich ihrem Namen erledigen zu lassen.

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