ZAHLEN ZUM TAG. Die Gratiszeitung „Heute“ bringt unfreiwillig deutlich zum Ausdruck, woran es politisch hapert: Man stellt bloß vermeintliche Herausforderungen dar.
„Jedes 2. Volksschulkind in Wien spricht daheim nicht Deutsch“, titelt die Gratiszeitung „Heute“, um allein das schon als Problem darzustellen. Dabei hat eine andere Boulevardzeitung (die „Krone“) vor drei Jahren den Eindruck vermittelt, dass man über dieses Niveau hinaus sei. „Integrations“-Ministerin Susanne Raab (ÖVP) war dort mit Zahlen zu Schüler:innen mit nicht-deutscher Umgangssprache vorstellig geworden. Woraufhin sie von einer Redakteurin mit dem Hinweis konfrontiert wurde, dass diese „nichts über die tatsächlichen Deutschkenntnisse der Kinder aussagen“ würden. Entlarvende, weil keine Antwort von Raab darauf: „Die Statistik sagt aus, wie viele Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund kommen.“ Wobei: Und dann?
Das mit den Angaben zur Umgangs- oder Alltagssprache ist so seine Sache. Quelle ist die „Statistik Austria“. Und sie hält dazu fest: „Das bei einzelnen Indikatoren im Bereich Schulstatistik ausgewiesene Merkmal Umgangssprache ist gemäß Vorgaben der Bildungsdokumentationsverordnung als die im Alltag gebrauchte Sprache des/der Schüler:in definiert. Datenbasis bildet dabei aber jeweils nur die erste Angabe beim Merkmal „im Alltag gebrauchte Sprache(n)“ der Schüler:innen, unabhängig davon, ob bei der/den weiteren Sprache(n) auch Deutsch angegeben wurde.“ Mehr muss man dazu nicht sagen.
Wer sich über den bloßen Anteil der Kinder mit nicht-deutscher Umgangssprache dem Thema Integration annähert, riskiert, was extrem Rechte auf ihrer Seite „Bevölkerungsaustausch“ vermitteln; nämlich eine Bedrohung, die davon ausgehe, dass der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund wachse. Damit verhaut man sich jede weitere Differenzierung, wie etwa einen Hinweis darauf, wie viele Schülerinnen einen Deutschförderbedarf haben.
In Wirklichkeit wird hier das wahre Integrationsproblem aufgezeigt, das auch in der österreichischen Politik vorherrschend ist: Nicht-Deutschsprechende, Nicht-Österreicher:innen sowie Männer und Frauen mit Migrationshintergrund werden als homogene Gruppe dargestellt. Das verrät, dass man an Integration nicht interessiert ist. Wäre man das, würde man genauer hinschauen, feststellen, dass es ein paar Buben und Mädchen gibt, die zu Hause zum Beispiel Französisch und auf dem Spielplatz Deutsch sprchen. Im Übrigen würde man nicht immer nur reden, sondern tun. Wie diese Volksschule in Vorarlberg, in der 27 Sprachen gesprochen werden und das dann auch noch stolz als „Markenzeichen“ dargestellt wird. Natürlich: Schwierigkeiten würden genug übrig bleiben. Wer aber nicht bereit ist, sie präzise zu benennen, der kann auch kein Interesse haben, sie zu lösen.