Teilzeitfreundliche Wirtschaft

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BERICHT. Modell bringe österreichischen Haushalten mehr Wohlstand, sagt die Wirtschaftskammer in einer differenzierten Darstellung.

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) entspricht es nicht, wie die Wirtschaftskammer, deren Generalsekretär er zu Jahresbeginn war, Teilzeit sieht: Weder von „Wellness“ noch von „Lifestyle“, geschweige denn etwas Verwerflichem ist da die Rede. Auf einer Seite, auf der die Position der Kammer dargelegt ist, heißt es vielmehr, es handle sich um ein „gutes Modell mit Nachteilen“.

Etwas Gutes geht demnach für alle einher damit: Unternehmen etwa würden davon profitieren, weil es „maßgeschneiderte Lösungen für (geringeren) Beschäftigungsbedarf“ genauso ermögliche wie „mehr Flexibilität (z. B. Öffnungszeiten)“.

Von Teilzeitbeschäftigten selbst (oft) gar nicht zu reden, wie die Wirtschaftskammer vermittelt: „Teilzeit macht zufrieden“, heißt es da etwa. Laut einer Umfrage sei die Zufriedenheit mit Job und Arbeitszeit größer als bei Vollzeitbeschäftigten.

Vor allem aber bringe es Wohlstand. Genauer: „In der Regel bringt eine Teilzeitbeschäftigung dem Haushalt ein zusätzliches Einkommen. Das erhöht den Wohlstand des Haushalts.“

Tatsächlich ist die Armutsgefährdungsquote bei Teilzeitbeschäftigten mit neun Prozent kaum höher als bei Vollzeitbeschäftigten (sieben Prozent) und deutlich niedriger als in der Gesamtbevölkerung (14). Wenig überraschend ist sie bei ihnen auch viel niedriger als bei Personen, die überwiegend im Haushalt tätig sind; und zwar genau drei Mal niedriger.

Dieser Hinweis auf den Wohlstandsgewinn für viele Haushalte unterstreicht, was in der Debatte vollkommen untergeht: Es ist weniger so, dass Vollzeitbeschäftigte auf Teilzeit reduzieren als so, dass Teilzeit für den Einstieg in eine Erwerbstätigkeit steht; dass es durch sie zu zusätzlicher Beschäftigung kommt.

Vorteile für Einzelne können zugleich aber auch Nachteile für andere sein: Das Sozial- und Steuersystem fördere Teilzeitbeschäftigung „massiv“, wie die Kammer erklärt. Betroffene würden kaum oder keine Lohnsteuer zahlen. Meist falle auch kein Arbeitslosenversicherungsbeitrag an, die Leute seien aber voll arbeitslosenversichert. Das geht auf Kosten anderer.

Teilzeitbeschäftigten-Bashing ist dennoch das Letzte: Ihr Tun wird laut Wirtschaftskammer eben gefördert. Eine Ausweitung der Arbeitszeit sei finanziell oft uninteressant. Warum sollen sie es sich daher antun? Das System, für dessen Gestaltung Hattmannsdorfer und seinesgleichen verantwortlich sind, hält sie davon an.

Zu den Nachteilen für Teilzeitbeschäftigte zählt die Kammer wiederum eine geringere Entlohnung als bei einer Vollzeittätigkeit, geringere Aufstiegschancen und letzten Endes auch eine geringere Pension. Sprich: Unterschiede zwischen Männern, die eher Vollzeit, und Frauen, die eher Teilzeit arbeiten, verfestigen sich.

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