Recht auf Neugierde

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BERICHT. Die Informationsfreiheit ist da. Jetzt muss sie gelebt werden. Dafür fehlt etwas, was sehr nützlich sein könnte.

Es hat lange gebraucht, bis in Österreich das Amtsgeheimnis durch Informationsfreiheit ersetzt worden ist. Jetzt war es soweit. Auf ORF.AT ist von einem „Datendrang“ die Rede. Es soll ein Wortspiel sein. Dass es so lange gebraucht hat, hat mit beharrlichen Kräften zu tun, die Bürger, der etwas wollen, als Störfaktoren betrachten.

Der damalige Bundeskanzler Karl Nehammer hat das auf dem ÖVP-Parteitag im Frühjahr 2022 unfreiwillig deutlich zum Ausdruck gebracht: Man sperre sich nicht gegen Informationsfreiheit, beteuerte er. Aber! „Wir sind auch die Partei der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Ja zu Transparenz, aber auch: Ja zu einer funktionierenden Verwaltung, die nicht von Querulanten lahmgelegt werden kann.“

Es ist gut, dass die Informationsfreiheit da ist. Das ist ein wichtiges Signal. Allein schon der Begriff bringt sehr viel zum Ausdruck. Nicht alles, was gut klingt, ist aber auch gleich gut. Auf staatlicher Seite gehört zum Beispiel ein Wollen dazu: Man kann alles irgendwie veröffentlichen, sodass der Pflicht Genüge getan ist, aber niemand etwas damit anfangen kann. Oder man kann sich bemühen, Veröffentlichungen bürgerfreundlich durchzuführen.

Das ist das eine. Das andere: Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, was sie dürfen und ihre Rechte durchsetzen können. Das ist ziemlich anspruchsvoll. Umso befremdlicher ist, was bei der geltenden Informationsfreiheitsregelung fehlt: Während staatlichen Stellen die Datenschutzbehörde zur Seite gestellt ist, um ihnen zu helfen, mit dem Gesetz umzugehen, werden die Bürgerinnen und Bürger allein gelassen.

Es gibt keine Stelle, die ihnen hilft. „Das ist bedauerlich“, hat die Organisation „Transparency International“ schon im Begutachtungsverfahren festgehalten, „denn auch eine beratende und begleitende Stelle für Informationssuchende könnte wertvolle Impulse zu einer homogenen Auslegung des Gesetzes liefern und im Übrigen auch helfen, allfällige überschießende Informationsbegehren in geregelte Bahnen zu lenken und so rechtliche Auseinandersetzungen zu verhindern.“

Und weiter: „Im Hinblick darauf, dass nicht nur die Verwaltung, sondern eben auch die Informationstransparenz eine Kernaufgabe des Staates darstellt, wäre die Einrichtung einer solchen öffentlichen, staatlichen Stelle auch gerechtfertigt. Möglich wäre z.B. die Betrauung der Volksanwaltschaft oder auch von privaten Einrichtungen mit dieser Aufgabe, um einen kostensparenden Vollzug zu gewährleisten.“

In Deutschlang gibt es zum Beispiel eine „Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“ (BfDI). Sie heißt Louisa Specht-Riemenschneider und ermuntert die Bürgerinnen und Bürger, sich zu holen, was ihnen zusteht: „Ihr Recht auf Neugierde“, heißt das. Sie erklärt, wer Auskünfte geben muss, wie man sie verlangen kann und bietet dafür auch eine eigene Checkliste an.

Vor allem aber erläutert die Beauftragte, was man tun kann, wenn ein Antrag abgelehnt wurde. Noch besser: „Wir beraten und unterstützen Sie gerne bei Ihrem Antrag und vermitteln bei Bedarf zwischen Ihnen und der Behörde.“

Gerade in einem Land, in dem Bürger von einem Kanzler als Querulanten bezeichnet werden, könnte das nützlich sein.

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