ANALYSE. Im Unterschied zur Pandemie orientiert sich österreichische Politik zunehmend am Kalender. Das ist absurd. Eidgenossen machen es besser.
Jetzt hat auch der Tiroler Landeshauptmann Günter Platter (ÖVP) Öffnungsschritte im Mai gefordert. Noch diese Woche solle ein konkreter Zeitplan für Bereiche wie Gastronomie, Hotellerie, Sport und Kultur beschlossen werden. Unter welchen Voraussetzungen diese Öffnungen erfolgen sollen, sei offen: „Da gibt es auch noch keine Vorabstimmung“, wie Platter auf ORF.AT gesteht.
Unfreiwillig bestätigt der Landeshauptmann damit, wie planlos das Krisenenmanagement nach mehr als einem Jahr noch immer ist: Die Pandemie richtet sich nicht nach dem Kalender aus; die Politik tut es sehr wohl. Es ist ein bisschen wie bei einem Unternehmer, der jedes Jahr einen Betrieb eröffnen möchte, sich aber keine weiteren Gedanken darüber macht, wie es dazu kommen soll.
Andere Länder sind da schon weiter. In Deutschland gibt es eine „Notbremsen“-Regelung: Eine Inzidenz von 100 Infektionen pro 100.000 Einwohner und Woche ist demnach eine entscheidende Marke. Darunter ist der Handel im betreffenden Landkreis offen, darüber geschlossen. Dasselbe gilt zum Beispiel auch für Museen.
Die Schweiz geht ebenfalls nach diesem Muster vor, tut das aber differenzierter: Für Beschränkungen gibt es ebenso fünf Richtwerte wie für Lockerungen. Öffnungen in der Gastronomie soll es demnach erst geben, wenn nicht nur die Inzidenz der Neuinfektionen unter einem bestimmten Niveau bleibt, sondern auch die Reproduktionszahl sowie die Zahl der Intensivpatientinnen, der Spitaleintritte und der Todesfälle (siehe Grafik).
Das schafft zumindest eine Orientierung – wobei die Politik ausdrücklich betont, dass es sich nur um Richtwerte handelt. Sprich: Sie behält sich vor, davon abzuweichen, wenn sie zur Überzeugung gelangt, dass es vernünftig ist.
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