ANALYSE. Die „Krone“ ist gegen Mercosur. Der Punkt ist, wie sie das im redaktionellen Teil zum Ausdruck bringt.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hat ein Problem: Kaum von Oberösterreich nach Wien übersiedelt, gilt er einem Teil der Volkspartei schon als Zukunftshoffnung, hat er mit dem Bauern jedoch nicht nur einen anderen Teil dieser ÖVP gegen sich, sondern auch die „Kronen Zeitung“.
Zum Ausdruck gekommen ist dies am vergangenen Wochenende. „Wir brauchen jetzt das Mercosur-Abkommen“, hatte der 45-Jährige gewagt, in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ zu sagen.
Die „Krone“ ließ Bauern für sich selbst antworten. Das ist offensichtlich: Der entsprechende Artikel mit der Dachzeile „Aufstand bei Bauern“ könnte Eingang ins Lehrbuch „Kampagnisieren für Anfänger“ finden.
Der „im ganzen Land bekannt mächtige Niederösterreichische Bauernbund“ attackiere den Minister, heißt es da. Als „vermeintlich neuer ÖVP-Star“ werde Hattmansdorfer dort bezeichnet. Er solle sich besser um gleiche Standards für Importe kümmern, fordere der Bauernbund. „Nicht zu Unrecht“, pflichtet die „Krone“ bei, „denn Österreichs Wirtschaft ächzt massiv unter ungleichen Wettbewerbsbedingungen am Weltmarkt.“
Die Zeitung lässt dann noch den niederösterreichischen EU-Parlamentarier Alexander Bernhuber (ÖVP) dem Wirtschaftsminister mitteilen, dass der Nationalrat bereits 2019 die Bundesregierung zum Veto verpflichtet habe, um mit einem kommentierenden, aber nicht so gekennzeichneten Satz zu schließen: „Fest steht: die österreichische Bevölkerung steht auf jeden Fall auf der Seite der beiden Bauernbündler und lehnt das Freihandelsabkommen laut Umfragen konsequent ab.“
Blöd nur: So in jedem Fall und konsequent tut sie das auch wieder nicht. Natürlich gibt es zum Beispiel das Ergebnis einer Online-Umfrage, die im Auftrag von „Spar“ und „Greenpeace“ erstellt wurde, wonach „eine überwältigende Mehrheit von 87 Prozent der Österrericher:innen die Bundesregierung auffordert, sich mit aller Kraft gegen den EU-Mercosur-Pakt einzusetzen“.
Es sind vor wenigen Wochen aber auch Ergebnisse einer Eurobarometer-Befragung zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) veröffentlicht worden. Demnach ist eine Mehrheit der Österreicher gegen Handelsschranken.
Genauer: Vorgelegt wurde 1036 Befragten allein hierzulande die Aussage: „In der EU sollte es keine Handelsschranken für Importe landwirtschaftlicher Produkte geben, ganz unabhängig davon, wo sie herkommen.“ 22 stimmten dem voll und ganz, 30 Prozent eher zu. Macht in Summe 52 Prozent. Umgekehrt stimmten der Aussage 23 eher nicht und 17 überhaupt nicht zu. Summe: 40 Prozent.
Das heißt nicht, dass die Österreicher in Wirklichkeit für Mercosur sind. Es bedeutet eher, dass möglicherweise „Mercosur“ als Begriff negativ besetzt ist; und/oder bei sehr vielen Menschen kein fester Standpunkt zu Freihandel vorliegt.