Integration lohnt sich

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BERICHT. Zehn Jahre Flüchtlingskrise: IHS-Chef Bonin zieht eine bemerkenswert positive Bilanz für Deutschland und leitet daraus auch Rückschlüsse für Österreich ab.

Schon die rhetorische Frage mag überraschen, die IHS-Chef Holger Bonin in einem Bericht stellt, den er gemeinsam mit einem Kollegen geschrieben hat: „Haben wir es also „geschafft“?“ Es bezieht sich auf die Integration von Geflüchteten auf dem deutschen Arbeitsmarkt und geht von der bekannten Aussage der dortigen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Beginn der Krise im Jahr 2015 aus: „Wir schaffen das.“

Leute wie FPÖ-Chef Herbert Kickl oder auch Ex-ÖVP-Obmann Sebastian Kurz erinnern noch heute gerne an dieses „Wir schaffen das“, um festzustellen, wie verrückt es gewesen sei, das zu glauben; heute, so ihre Botschaft, sehe man, dass es nicht zu schaffen sei.

In budgetärer und vor allem auch wirtschaftlicher Hinsicht ist es jedoch sehr wohl möglich. Das industrienahe Institut „Eco Austria“ hat schon vor zwei Jahren ermittelt, dass alle Geflüchteten, die 2015 bis 2022 nach Österreich gekommen sind, ab 2025, also heuer, keine Nettoempfänger mehr sein dürften. Dass sie zusammen also neuerdings nicht mehr aus dem System herausbekommen als sie (in Form von Steuern und Beträgen) einzahlen, wie man so sagt.

Und was die Wirtschaft bzw. die Beschäftigung betrifft, erklärt Bonin nun für Deutschland: „64 Prozent der Menschen, die 2015 als Schutzsuchende nach Deutschland zugezogen sind, sind heute abhängig beschäftigt. In der Gesamtbevölkerung ist diese Rate nur sechs Prozentpunkte höher.“

Dass sich die Beschäftigungsquoten so rasch so weit angenähert hätten, sei kein Selbstläufer gewesen: „Die deutsche Politik hat dazu erfolgreich einen aktiven Beitrag geleistet: durch schnelle Erleichterungen beim Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete, kombiniert mit intensivem Einsatz von nachhaltig wirksamen arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen.“

Eine umfassende Evaluierung zeigt laut Bonin, dass sich Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber und aktive Hilfen zur Aus- und Weiterbildung in den Betrieben besonders rentiert haben: „Und zwar nicht nur für die Geförderten, sondern auch für den Fiskus. Steuer- und Beitragsmehreinnahmen plus eingesparte Sozialausgaben machen auf längere Sicht die Maßnahmenkosten mehr als wett.“

Als nicht zielführend habe sich dagegen erwiesen, für Geflüchtete gemeinnützige Jobs außerhalb des regulären Arbeitsmarkts zu schaffen.

Das leitet über zu dem, was nicht optimal gelaufen sei. Man hätte noch weit erfolgreicher sein können, so Bonin: „Wenn es mehr berufsbezogene Sprachförderung und weniger Kapazitätsengpässe in den Unterstützungsstrukturen gegeben hätte, wenn geflüchtete Frauen beim Zugang zu für sie zielführenden Maßnahmen weniger benachteiligt worden wären, wenn bei der Verteilung der Geflüchteten auf die Kommunen die Aufnahmefähigkeit des lokalen Arbeitsmarkts stärker Beachtung gefunden hätte.“

Für Österreich leitet Bonin in einem Newsletter „einige Maximen“ ab: „Diejenigen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit nicht allein lassen, sondern von Anfang an aktiv fordern und fördern! Sozial investieren, qualifizierte Beschäftigung ist wichtiger als schnelle Beschäftigung! Und schließlich: Die Betriebe als Integrationsmotor aktiv einbinden und unterstützen!“

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