Grund und Boden: Innovativ gegen Verschwendung

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BERICHT. WIFO schlägt in einer Studie für die Hagelversicherung handelbare Zertifikate vor (neben einer Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer).

Die türkis-grüne Bundesregierung hat das Ziel ausgegeben, den täglichen Flächenverbrauch von derzeit 11 auf 2,5 ha einzudämmen. Und zwar bis 2030. Wie das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO in einer Studie im Auftrag der „Österreichischen Hagelversicherung“ bestätigt, wird das sehr wahrscheinlich verfehlt werden.

Problem: Flächenverbrauch steht nicht zuletzt für Bodenversiegelung und das hat nicht nur ökologische Folgen. Laut WIFO ist zwischen 1999 und 2020 der Verlust von 72.000 ha Ackerfläche damit einhergegangen vom Boden- bis zum Neusiedlersee. Damit könnten um fast 500.000 weniger Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt werden.

Es ist nicht so, dass es bisher keine Bemühungen gegeben hat, den Flächenverbrauch über Raumordnungsnovellen einzudämmen. Ob diese Schritte wirkungsvoll waren, scheint jedoch niemanden zu interessieren: „Eine Evaluierung der Effektivität der aktuellen Maßnahmen liegt bisher nicht vor.“

Das WIFO sieht darüber hinaus steuerliche Möglichkeiten, lenkend tätig zu werden. Die Bandbreite ist groß, politisch umsetzbar jedoch wenig. Es geht um Eigentum und diesbezüglich lehnen insbesondere ÖVP und FPÖ eine Erhöhung der Grundbesteuerung (damit Flächen möglichst klein gehalten werden; Anm.) ebenso ab wie eine Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Ja, auch eine solche Option wird in der Studie aufgelistet. Und zwar mit folgender Begründung: Sie „könnte bei geeigneter Ausgestaltung zu einer „Verflüssigung“ von Wohnimmobilien beitragen, die ineffizient genutzt werden (Waltert et al., 2010). Nach dem Auszug der Kinder oder nach einer Trennung werden ursprünglich für Familien erbaute Einfamilienhäuser oder große Eigentumswohnungen häufig nur noch von älteren Ehepaaren oder Alleinstehenden genutzt. Die Erbschaftssteuer kann Anreize für einen Verkauf einer zu groß gewordenen Wohnimmobilie durch die Erb:innen zu Lebzeiten der Vererber:innen beinhalten, wenn sie mit einer geringeren Schenkungssteuer kombiniert wird.“

Aus Deutschland kommt eine ganz andere Idee, die das WIFO aufgreift und die bei gutem Willen vielleicht eher durchsetzbar wäre: Die Einführung handelbarer Flächenzertifikate. Dazu heißt es in der Studie: „Die Fläche, die neu in Anspruch genommen werden darf, um in Einklang mit den langfristigen Flächenverbrauchszielen zu stehen, wird bundesweit begrenzt. Daraus ergibt sich ein Kontingent, das in handelbare Zertifikate aufgeteilt und über die Bundesländer an Städte und Gemeinden zugeteilt wird. Diese Zuteilung erfolgt nach einem bestimmten Schlüssel, der auf der Einwohner:innenzahl, aber auch auf anderen Kriterien (z. B. Ausmaß der Zersiedelung oder Anteil brachliegender an den gesamten gewidmeten Flächen) beruhen kann. Diese Zertifikate können zwischen den Gemeinden gehandelt werden. Wachsende Gemeinden mit einem höheren Flächenbedarf könnten Zertifikate zukaufen, haben aber gleichzeitig einen Anreiz, bestehende Potenziale zur Verdichtung bzw. Nutzung brachliegenden Baulands zu nutzen.“

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