ANALYSE. Der slowakische Ministerpräsident stellt Demokratie mit der Begründung in Frage, dass autoritär geführte Staaten effizienter sind. Eine gefährliche und zugleich unsinnige Behauptung.
„Mir scheint immer mehr, dass wir in Europa über eine Reform des auf freien demokratischen Wahlen beruhenden politischen Systems nachdenken müssen, damit wir konkurrenzfähig sind“, sagte nicht etwa Viktor Orban oder Herbert Kickl, sondern der slowakische Ministerpräsident Robert Fico bei einem Besuch in Usbekistan zu Journalistinnen und Journalisten. Länder wie dieses, aber auch China und Vietnam seien wirtschaftlich effizienter, weil sie entschlossener agieren könnten.
Eine gefährliche und zugleich unsinnige Behauptung: Zum einen heißt es immer wieder, dass in Demokratien (angeblich) Notwendiges ausbleibe, weil sich Politikerinnen und Politiker zu sehr auf Wahlen ausrichten müssten. Wer’s glaubt, könnte aufgrund all der Krisen der Zeit zum Schluss kommen, dass man Demokratie abbauen müsse.
Sind autoritäre und hybride Systeme in dieser Hinsicht besser? Laut einem Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments sind auch sie nicht mehr auf langfristige Ziele ausgerichtet, überwiegt sogenannter politischer Präsentismus, also das Streben nach kurzfristigen Vorteilen.
Man muss auch einschieben: Autoritäre Regime sind getrieben von ständiger Angst vor Opposition. Sie unterbinden daher Freiheiten, prügeln Kritik nieder und wollen eher nur aus einem Grund, dass es den Leuten nicht schlecht geht; damit sie eine Ruhe geben, nämlich.
In Wirklichkeit sind demokratische Systeme autoritären und hybriden weit überlegen. Nicht nur in Bezug auf Freiheiten, sondern auch auf wirtschaftliche Stärke und Wohlstand, ja die menschliche Entwicklung. Das unterstreicht folgende Verknüpfung, die dieSubstanz.at vorgenommen hat: Nimmt man jeweils die zehn Staaten, die beim „Human Development Index“ der Vereinten Nationen ganz vorne und ganz hinten liegen und schaut sich in weiterer Folge ihre Demokratieindex-Werte laut dem britischen „Economist“ an, kommt man zu einem Ergebnis, das klarer kaum sein könnte.
Staaten mit einem hohen „Human Development Index“-Wert haben eher auch einen hohen Demokratieindex-Wert: Island, Norwegen, die Schweiz, Dänemark, Schweden, Australien und die Niederlande liegen in beiden Fällen (fast) ganz vorne. Einzig Belgien hat mit 7,6 von 10,0 einen relativ und Hongkong mit 5,1 einen absolut niedrigen Indexwert.
Umgekehrt liegen Staaten wie Jemen, Burundi, Mali, Tschad und die Zentralafrikanische Republik in beiden Kategorien weit hinten, gibt es wenig bis keine Demokratie und auch einen miserablen Stand der menschlichen Entwicklung. Einzig Sierra Leone kommt hier mit einem Demokratieindex-Wert von 4,3 Hongkong nahe, das sich in der zuvor erwähnten Gruppe befindet.
Der „Human Development Index“ ist vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) entwickelt worden. Idee: Nicht nur die Wirtschaftsleistung ist relevant. Daher werden auch die Lebenserwartung und die absolvierten Schuljahre einer 25-jährigen Person sowie die voraussichtliche Dauer der Ausbildung eines Kindes berücksichtigt. Das sagt einiges aus – auch über den Wohlstand.