ZAHLEN ZUM TAG. Die Inzidenz bestätigter Neuinfektionen relativiert sich, wird aber nicht bedeutungslos. Oder: Warum Kapazitätsgrenzen in Spitälern bald wieder erreicht sein könnten.
In Großbritannien werden bereits mehr als 30.000 Neuinfektionen pro Tag bestätigt. Das sind weniger als in der größten Welle zu Jahresbeginn, aber schon mehr als in jener vom vergangenen Herbst. Doch was bedeutet das? Immerhin sind sehr viele Menschen geimpft oder genesen, sind überwiegend Junge betroffen, werden allfällige Erkrankungsverläufe zumindest anteilsmäßig milder.
Das relativiert Inzidenzwerte, macht sie aber nicht bedeutungslos. Die Entwicklung in britischen Spitälern unterstreicht das. Und zwar dann, wenn man eine logarithmische Darstellung wählt, die eine Richtungsänderung gerade schon bei vorerst kleinen Zahlen stärker zum Ausdruck bringt.
Vom Gesundheitsministerium in London werden auf einer Datenseite nicht Intensivpatienten, sondern Patienten ausgewiesen, die beatmet werden müssen. Bis Ende Mai ist ihre Zahl auf bis zu 120 gesunken und seither wieder auf 417 gestiegen (Stand 8. Juli). Das sind knapp zehn Mal weniger als im Jänner, also bei weitem nicht so viele wie in der schlimmsten Zeit. Aber: Die jüngste Verdoppelung fand im Laufe von drei Wochen statt. Würde es dabei bleiben, wären es Mitte September wieder über 4000.
Das hier ist keine Prognose. Es geht vielmehr darum, auf Potentiale zu verweisen, die mit kritischen Massen (im Sinne von Größen) einhergehen: Auch wenn es anteilsmäßig weniger schwere Erkrankungen gibt, können es bei einer entsprechenden Grundgesamtheit so viele werden, dass Kapazitätsgrenzen wieder erreicht werden.
Das mit den Kapazitätsgrenzen ist ja so eine Sache: Wien zog im Frühjahr die Notbremse, mit bis zu 245 Corona-Intensivpatienten waren die Spitäler am Limit; und zwar nicht nur offiziellen Angaben zufolge, sondern auch laut medizinischem Personal.
245 entsprechen 0,01 Prozent der Bevölkerung der Stadt. Damit bleibt auch im Hinblick auf die anrollende „Delta“-Welle ein minimaler Puffer: Zumal 60 Prozent der Menschen in Wien noch nicht vollimmunisiert sind durch eine Impfung und 45 Prozent noch nicht einmal eine Dosis erhalten haben.
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