Ausländer als Problem

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ANALYSE. Der „Österreichische Integrationsfonds“ fasst „Statistik Austria“-Daten zusammen und fast alle Medien übernehmen eine Null-Meldung.

22,7 Prozent der österreichischen Bevölkerung sei im Ausland geboren, berichtet die Qualitätszeitung genauso wie die Gratiszeitung. „Starkes Plus an Menschen aus Ausland“, titelt die steirische „Kleine“ in ihrer Print-Ausgabe wiederum, um festzustellen: „Der Anteil im Bundesland ist seit 2015 um fast 50 Prozent gestiegen.“

Schlimm, dramatisch, furchtbar? Man weiß es nicht. Einordnungen fehlen. Es handelt sich um ein Meldung, die auf einer Arbeit des „Österreichischen Integrationsfonds“ beruht. Jede Bürgerin, jeder Bürger hätte sie ebenfalls erbringen können. Das geht ruck-zuck: Statistik-Austria-Datenbank zur Wohnbevölkerung aufrufen und Abfragen nach Geburtsland, Wohnort etc. zum Stichtag 1. Jänner 2025 durchführen. Bloß: Was fängt man damit an? Was will man mit dem Anteil der Bevölkerung zum Ausdruck bringen, die im Ausland geboren ist?

So isoliert steht es für einen schlichten Zugang, für den Ausländer ein Problem sind. Was schon allein aus diesem Grund bemerkenswert ist: Österreich ist Teil der Europäischen Union, in der bekannte Freizügigkeiten herrschen, die unter anderem zu sogenannter Binnenmigration führen. Sie trägt nicht nur dazu bei, dass die relativ meisten im Ausland geborenen Menschen hierzulande Deutsche sind, sondern dass 44,4 Prozent, also fast die Hälfte von ihnen aus einem anderen EU- oder EFTA-Staat stammen.

Auch mit dieser Migration gehen Probleme einher. Beispiel: Damit hängt auch ein Wohnbedarf zusammen, der gedeckt werden muss. Derlei darf man nicht ignorieren. Auf der anderen Seite steht sie aber auch dafür, dass europäische Integration funktioniert und viele Menschen in Österreich arbeiten wollen, die im Schnitt noch dazu über einen hohen Bildungsstand verfügen.

Man könnte auch sagen, wer EU-Mitbürger schlicht als Ausländer darstellt, ist kein Europäer, sondern lebt in der Kickl’schen Nationalstaatenwelt.

Und natürlich gibt es auch die andere Migration, die durch Menschen gebildet wird, die man nicht eingeladen hat, die als Asylwerber kommen und die in Wien infolge des Familiennachzugs in den vergangenen Jahren unter anderem zu einer Überlastung des Bildungswesens geführt hat. Das muss man sehen.

Wenn aber gerade die steirische „Kleine“ schreibt, dass der Anteil der Menschen aus dem Ausland seit 2015 um fast 50 Prozent gestiegen ist, dann hat das etwas Problemfokussiertes und Chancenausblendendes.

Niemand wird sagen, alle, die nach Österreich flüchten wollen, sollen nach Österreich flüchten, hierzulande könne alles bewältigt werden. Man könnte aber auch sehen, dass die, die da sind und bleiben dürfen, gebaucht werden.

Ganz besonders in einem Bundesland wie der Steiermark, in dem der Anteil der im Ausland geborenen Menschen mit 15,8 Prozent vergleichsweise gering ist, es vor allem aber auch vergleichsweise wenig junge Leute gibt und 2050 kaum noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren sein wird, also ein massiver Arbeitskräftemangel droht; ob in der Industrie, an Schulen oder in der Pflege – gerade hier könnte Migration auch als potenzieller Teil einer Lösung begriffen werden.

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