BERICHT. Blau-Schwarz tritt an, das gesamtstaatliche Defizit zu drücken. Dabei bestätigt sich: Wie’s bei Ländern und Gemeinden ausschaut, ist ein Rätsel.
Man stelle sich ein Unternehmen vor, das einen Finanzplan erstellt, aber nicht weiß, wie es in mehreren Abteilungen ausschaut. Unvorstellbar? Ungefähr so verhält es sich in Österreich: Man geht zwar davon aus, dass das gesamtstaatliche Defizit 2025 über vier Prozent des BIP betragen wird. Und der Bund macht sich unter Führung von FPÖ und ÖVP daran, ein Sparpaket zu schnüren, damit es weniger als drei Prozent werden. Wie hoch der Defizitanteil von Ländern und Gemeinden ausfallen wird, ist jedoch unbekannt.
Das ist das ernüchternde Ergebnis von Nachfragen bei Fiskalrat, WIFO, IHS und KDZ, die immer wieder Prognosen erstellen: Für Länder und Gemeinden gibt es keine belastbaren Angaben. Die aktuellsten stammen aus dem Jahr 2023. Damals kamen diese Gebietskörperschaften zusammen auf ein Defizit von 0,6 Prozent der BIP.
Heuer wird es eher mehr als doppelt so viel werden. Wien allein rechnet nicht mehr mit 2,2, sondern 3,8 Milliarden Euro. Das ist mehr als ein halbes Prozent des BIP. Die Nachricht ist vor wenigen Tagen sehr unvermittelt gekommen. In der „Krone“ wird die Entwicklung von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) auf Mindereinnahmen aufgrund von ökosozialer Steuerreform und Abschaffung der kalten Progression zurückgeführt. Allein: Beide waren bei der Budgetierung längst fixiert. Der Punkt ist eher, dass Wien den Voranschlag für heuer im Herbst 2023 (!) erstellt hat, als die große Rezession mit allem, was damit einhergeht, noch nicht absehbar gewesen ist.
Niederösterreich ist vor dem Sommer und damit vor der Hochwasserkatastrophe von 350 Millionen Euro Abgang auf Landesebene ausgegangen. Mittlerweile ist von mehr als einer halben Milliarde Euro auszugehen. Die Steiermark muss überhaupt erst liefern. Aufgrund der Wahl vom November gibt es dort noch keinen „echten“ Voranschlag für heuer, nur ein Provisorium. Stand heute werden allein die neun Länder mit Wien zusammen auf deutlich über sechs Milliarden Euro Neuverschuldung kommen. Das entspricht mehr als einem Prozent des BIP. Dazu kommen dann noch die Gemeinden ohne Wien.
Vorerst mögen Herbert Kickl und Co. das auf Bundesebene ignorieren, mögen sie sozusagen die gesamte Sanierung des Staatshaushaltes in der bekannten Form durchführen; durch Abschaffung des Klimabonus und andere Maßnahmen. Das wird sich jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ändern: Erstens, sie, die gegenüber Brüssel im Wort sind, werden letztlich wohl auch Länder und Gemeinden in die Pflicht nehmen, zu einem gesamtstaatlichen Defizit von rund drei Prozent des BIP beizutragen; und zwar im Sinne eines Stabilitätspaktes, der vorsieht, dass sie in Summe eine schwarze Null erreichen.
Zweitens: Es ist evident, dass Ländern und Gemeinden das vorhandene Geld, das sie über den Finanzausgleich bekommen, nicht reicht. Ob Kickl so mir nichts, dir nichts für mehr sorgen wird? Fraglich. Das einzige Glück für das SPÖ-geführte Wien, das hier mit Schlimmerem rechnen muss, ist, dass auch die Steiermark zu kämpfen hat. Sie hat neuerdings bekanntlich einen freiheitlichen Landeshauptmann (Mario Kunasek) und da wird sich Kickl zumindest hüten, gegenüber den Ländern im Allgemeinen hart zu sein.