ANALYSE. Die Regierung hätte sich bei der Zuordnung der Menschen in Österreich etwas mehr Mühe machen können. Immerhin geht es um deren Geld – und gibt es auch nötige Daten.
Man kann den Klimabonus als Ausgleich zu steigenden Sprit- und Heizkosten sehen; oder als Belohnung dafür, nicht zuletzt auch durch eigenes Zutun niedrige CO2-Emissionen zu verursachen. So oder so ist eine Staffelung sinnvoll. Viel Mühe hat sich die Regierung dabei jedoch nicht gemacht. Wienerinnen und Wiener erhalten 100 Euro, ganz gleich ob sie in der City oder in Stammersdorf wohnen, in einer WG oder allein in einem ganzen Haus. Bemerkenswerter und auch viel diskutiert ist jedoch dies: Alle übrigen Österreicherinnen und Österreicher erhalten mindestens 133 Euro. Stammersdorfer werden gleich behandelt wie Bewohner der Innenstadt von Graz, Linz oder Salzburg.
Der Vorwurf gegen die Regierung, dass hier wieder einmal „Wien-Bashing“ betrieben wird, ist schwer widerlegbar. Natürlich haben Wienerinnen und Wiener in Summe die besten Öffi-Angebote. Aber eben nicht alle.
Zumal wir im Zeitalter der Digitalisierung leben, wäre es, wenn man schon allein von den verfügbaren Bus- und Bahnangeboten ausgeht, extrem einfach, von der genauen Wohnadresse abhängig zu machen, ob vom Finanzamt 100, 133, 167 oder 200 Euro pro Erwachsendem überwiesen werden.
Aktuell geplant ist, unter anderem nach sogenannten ÖV-Güteklassen ganzer Gemeinden vorzugehen. Basis ist eine Auswertung der Österreichischen Raumordnungskonferenz. Diese wäre aber auch sehr feingliedrig verfügbar. Siehe Screenshot: Sogar für einzelne und recht kleine Gemeinden, wie hier Neumarkt am Wallersee, gibt es Güteklasse-Auswertungen.
Eine saubere, im Sinne einer gerechten Lösung wird es nie geben können. Man könnte jedoch versuchen, einer solchen möglichst nahe zu kommen. Wobei man natürlich die Frage aufwerfen muss, was „gerecht“ ist: Wozu dient der Klimabonus also wirklich? Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sagt zu den 100 Euro für Wienerinnen und Wiener, sie hätten ja schon Milliarden für den U-Bahn-Bau erhalten. Gegenfrage: Warum werden dann z.B. nicht auch die kostspieligen Umfahrungen von Wieselburg oder (inkl. Tunnels) Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich berücksichtigt bei den dortigen Menschen. Diese Infrastruktur würde sich auch für attraktive Öffis eignen.
Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler erklärte in einem ZIB2-Interview wiederum, dass die 100 Euro für Wienerinnen und Wiener dafür gedacht seien, das Heizen abzudecken. Das ist ein spannender Punkt: Warum wurden dann gar keine „Heiz-Daten“ eingesetzt beim Klimabonus?
Ja, auch das wäre möglich: Die (staatliche) Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, ZAMG, weist zum Beispiel sogenannte Heizgradtage aus. Sie bringen – vereinfacht gesagt – zum Ausdruck, an wie vielen Tagen es weniger als zwölf Grad hat, man also heizen „muss“. Auch diese Daten existieren für einzelne Standorte. In Zwettl (NÖ) sind es mehr als 240 Tage pro Jahr, in Salzburg und Klagenfurt gut 210 und in Wien keine 180. Sprich: Hier hätte man sogar eine Begründung dafür, in der Bundeshauptstadt einen geringeren Bonus zu gewähren. Man müsste nur wollen.
dieSubstanz.at spricht Sie an? Unterstützen Sie dieSubstanz.at >