ANALYSE. Für Großereignisse wie den Song Contest sind auch Steuermittel erforderlich. Das passt schon. Der Punkt ist, dass Transparenz selbstverständlich sein sollte, aber nicht ist.
Es ist toll, dass der „Eurovision Song Contest“ im kommenden Jahr in Österreich stattfinden wird. Es ist klar, dass dafür auch öffentliche Mittel eingesetzt werden. Genauso selbstverständlich sollte aber auch Transparenz sein.
Auch wenn die Sache kompliziert ist. „Der Standard“ hat vor wenigen Tagen aufgelistet, was den ORF die Abhaltung des Song Contests vor zehn Jahren gekostet habe. Das Ergebnis ist ernüchternd: Es ist nämlich nicht eine Zahl, es sind viele Zahlen. Darunter auch ungefähre.
Öffentlich sei damals ein Projektvolumen von rund 25 Millionen Euro kommuniziert worden. Laut „einer ORF-Quelle“ dürfte es brutto bei 35 Millionen gelegen sein, wovon aber die Stadt Wien (Veranstaltungsort) einen wesentlichen Teil geschultert habe.
Im Stiftungsrat, dem Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Senders, sei der „ESC“ schließlich folgendermaßen abgerechnet worden: Das Projektvolumen sei mit 18,7 Millionen Euro beziffert worden. Deutlich höhere Einnahmen als erwartet hätten die Nettokosten jedoch auf rund 13,5 Millionen Euro reduziert. Der damalige Generaldirektor Alexander Wrabetz sei schließlich gar bei 11,4 Millionen Euro gelandet. Grund: Er habe noch höhere Werbeeinnahmen sowie Personalkosten eingerechnet, weil Jobs von den mit dem ESC beschäftigten Mitarbeitern nicht nachbesetzt worden seien.
Alles in allem mögen 25 oder 35 Millionen Euro nichts sein; oder 50, wenn man es großzügig wertberichtigt und auf die heutige Zeit umlegt: Das sind, bitte schön, läppische 0,01 Prozent der Wirtschaftsleistung. Andererseits gilt: Es ist öffentliches Geld und da ist auch jeder gut eingesetzte Cent relevant. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen der Finanzminister extra betont, dass man Budgettexte aus Kostengründen nicht ausgedruckt habe.
Im Übrigen hat die Bundesregierung schon signalisiert, dass sich der ORF, salopp formuliert, keine Sorgen machen muss: Da ist es umso wichtiger, genau zu sein. Gilt die Devise, der Sender solle bekommen, was er braucht, muss man wissen, wie viel er braucht. Machen, um beim erwähnten Beispiel zu bleiben, 18,7 oder 11,4 Millionen Euro einen Unterschied.
Und überhaupt: Weil schon von Brutto- und Nettokosten die Rede ist: Beim ESC 2015 hat „Wien Holding“, ein Teil der Stadt Wien, das IHS die ökonomischen Wirkungen des Events in einer Studie abschätzen lassen. Laut einer Aussendung sei herausgekommen, dass eine Bruttowertschöpfung von 38,1 Millionen Euro erfolgt sei, wovon 27,8 Millionen auf Wien entfallen seien. Unter anderem an Sozialversicherungen, Bund und die Stadt seien zusätzliche Steuern und Abgaben in Höhe von insgesamt 16 Millionen Euro geflossen.
Das klingt erfreulich. Bloß: Die Studie wird unter Verschluss gehalten. Bei der „Wien Holding“, der sie gehört, heißt es auf Anfrage, „dass wir die Studie leider nicht veröffentlichen dürfen“. Ein Widerspruch zum heutigen Geist, der im Informationsfreiheitsgesetz einen Ausdruck gefunden hat. Unter Berufung darauf hat dieSubstanz.at daher noch einmal um Übermittelung gebeten. Vorerst ohne Erfolg.
Das ist alles umso bemerkenswerter, als der ESC ein Riesenereignis ist, das in Relation eigentlich fast nichts kostet. Für die Ski WM in Schladming vor zwölf Jahren sind laut Rechnungshof insgesamt 415,78 Millionen Euro investiert worden, davon 247,75 Millionen Euro von der öffentlichen Hand. Noch dazu unter haarsträubenden Rahmenbedingungen: „Keiner der Beteiligten an der Vorbereitung und Durchführung (…) hatte einen Gesamtüberblick über die dafür investierten Mittel“, so der Rechnungshof. Das Land Steiermark und das Sportministerium hätten „kein angemessenes Projektmanagement“ eingerichtet: „Sieben Gremien zur Organisation und Koordination agierten in vielen Bereichen unabhängig voneinander, der Gesamtüberblick und die Gesamtkoordination fehlten.“ Hinsichtlich der nachhaltigen touristischen Wirkung der investierten öffentlichen Finanzmittel lasse sich noch kein eindeutiger Trend erkennen, wie die Prüfer zwei Jahre nach der WM feststellten.
Nicht, dass es einen Grund gibt, in Bezug auf den ECS 2026 von Vergleichbarem auszugehen. Das Beispiel zeigt jedoch, wie sehr es auf Transparenz ankommt, die zur Sorgfalt führt. Auch im Kleineren.