ANALYSE. Argumente gegen eine Grundsteuererhöhung oder besser -reform sind fadenscheinig. Es geht ums Prinzip, Stichwort „Vermögenssteuer“ – zu Lasten der Gemeinden.
Österreich ist in den vergangenen Jahren schon zwei Mal sehr nah dran gewesen an einer Grundsteuererhöhung oder besser -reform: Anfang Dezember 2024 ist eine Anhebung vom damaligen Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer nicht mehr ausgeschlossen worden im Rahmen der Koalitionsverhandlungen mit Sozialdemokraten und Neos. Und schon zuvor, 2023, im Rahmen eines neuen Finanzausgleichs, hat sich die schwarz-grüne Regierung mit überwiegend schwarzen und roten Ländern sowie Gemeinden auf eine Arbeitsgruppe verständigt – „für die Reform der Grundsteuer B mit Erarbeitung konkreter Vorschläge“.
Längst haben zumindest Vertreter der Kommunen zwei, drei Varianten entwickelt. Gemein wäre diesen, dass es zu einem echten Bürokratieabbau kommen würde. Mit der Ermittlung der Höhe der Steuer wären nicht mehr Finanzämter betraut; das würde weitgehend automatisiert über bestehende Datenbanken laufen.
Die Unterschiede liegen in der Ausgestaltung: Soll es sich quasi nur um eine höhere Steuer handeln als die bestehende, die vom Verfassungsgerichtshof als Bagatellsteuer gewertet wird? Oder soll es sich um eine Bodenwertabgabe handeln, wie sie auch von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr gefordert wird? Sie würde dem realen Grundstückswert näher kommen, wobei nach deutschem Vorbild bei bebauten Flächen ein spürbarer Abschlag vorgenommen werden könnte.
So oder so würden die Gemeinden zu mehr Geld kommen. Immerhin handelt es sich ja um ihre Steuer und immerhin entwickelt sie sich im Unterschied zum Wohnbauförderungsbeitrag (Länder) oder zu Lohn- um Umsatzsteuer (gemeinschaftliche Abgaben, die vom Bund eingehoben werden und zum größten Teil bei diesem verbleiben) alles andere als dynamisch. Schließlich basiert sie auf jahrzehntealten Einheitswerten.
Zugestehen will den vom ÖVP-Mann Johannes Pressl geführten Gemeinden das ÖVP-Mann, Kanzler Christian Stocker (wie die meisten ÖVP-Landeshauptleute) jedoch nicht. Sie bilden das schwächste Glied im Staat. Pech gehabt. Man dürfe Wohnen nicht durch eine Grundsteuererhöhung verteuern und damit Maßnahmen zur Senkung der Inflation konterkarieren, erklärt Stocker.
Das ist eine fadenscheinige Begründung. Erstens: Die Grundsteuer ist so niedrig und könnte auch bei einer Reform auf einem Niveau gehalten werden, dass sie kaum ins Gewicht fällt. Zweitens: Durch diverse Belastungen wie Gebührenerhöhungen, vor allem aber das Auslaufenlassen der Strompreisbremse mit Ende 2024, hat die Bundesregierung die Inflation viel eher befeuert.
In Wirklichkeit geht es um ein Signal und um ein Prinzip. Das Signal ist, dass man aufgrund der höchsten Steuer- und Abgabenquote nicht einmal mehr eine kleine Steuererhöhung vornehmen möchte. Das Prinzip lautet „Nein zu Vermögenssteuern“. Die Grundsteuer ist eine solche.
Das Problem sind die Konsequenzen dieser Politik: Sie verhindert hier auch eine mögliche Steuersystemreform, die – siehe Felbermayr – nicht nur von Linken propagiert wird. Außerdem blockiert sie eine Stärkung der Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung: Wenn die Gemeinden sagen, dass sie mehr Geld für Kinderbetreuung und Pflege etwa brauchen, könnte man sie über die Grundsteuer bitteschön „gerne“ selbst dafür sorgen lassen. Immerhin müssten sie dafür dann auch unmittelbar grade stehen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und liefern.
Das wäre sogar etwas, was Schule machen könnte, ja sollte: Es würde den Ländern etwa guttun, den Leuten erklären zu müssen, welche Steuern sie wofür brauchen; es würde ihnen nicht schaden, wahrnehmbar Verantwortung dafür zu übernehmen, anstatt das weiter eher nur an den Finanzminister in Wien abzuschieben.