Etikettenschwindel

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BERICHT. Nach der Wahl wird es kein Sparpaket geben, sondern Kürzungen und eventuell Steuererhöhungen. Der Unterschied? Eine Frage der Darstellung.

„So viel Etikettenschwindel muss wohl sein“, sagte der Sozialforscher Bernd Marin jüngst in einem Interview mit den „Vorarlberger Nachrichten“: Es ging um ein „Sparpaket“. Der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler hat zwischenzeitlich Vertreter der übrigen Parteien aufgefordert, einem solchen eine Absage zu erteilen, und ÖVP-Obmann, Kanzler Karl Nehammer hat gemeint, dass eh keines notwendig werde: Mehr Wachstum – und alles ist in Butter, so seine Darstellung sinngemäß.

Problem eins: Die wirtschaftliche Entwicklung wird zu einem entscheidenden Teilen durch das bestimmt, was man innenpolitisch als höhere Gewalt bezeichnen könnte. Stichwort Pandemie(n), Stichwort Energiekrise(n), Stichwort Unsicherheiten, die es weltweit gibt und die daran erinnern, dass man nie fix davon ausgehen kann, dass Boomjahre bevorstehen.

Problem zwei: Die Notwendigkeit einer Budgetkonsolidierung ist unabwendbar. Das lässt sich auch aus der jüngsten Prognose der Nationalbank herauslesen. Zitat: „In den Jahren 2025 und 2026 wird der Budgetsaldo in etwa auf dem Niveau von 2024 verbleiben (also drei oder mehr Prozent betragen; Anm.). Es laufen weiterhin expansive Fiskalmaßnahmen aus. Vor allem 2025 wird dies aber durch einen Anstieg der Zinsausgaben sowie verzögerte Effekte der in den Vorjahren sehr ungünstigen Makro- und Inflationsentwicklungen kompensiert.

Die prognostizierten Budgetzahlen sind nicht kompatibel mit den wieder in Kraft tretenden europäischen Fiskalregeln: Für 2024 und 2025 erwarten wir Budgetdefizite über 3 % des BIP. Zudem liegt die unterstellte Konsolidierung 2025 und 2026 unter den voraussichtlichen Vorgaben der neuen Schuldenregel. Deshalb erscheinen zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen in den nächsten beiden Jahren notwendig; aufgrund der No-Policy-Change-Annahme sind sie aber nicht in dieser Prognose enthalten.

Im politischen Diskurs geht es darum: Sparpaket ja oder nein. Die Vorwahlantwort lautet „Nein“. Nach der Wahl wird man dabei bleiben und das machen, was Marin gemeint hat: einen Etikettenschwindel betreiben. Also nicht von einem Sparpaket reden, sondern von einer Konsolidierung. Oder besser von einer umsichtigen Budgetpolitik.

Das geht alles unter einen Hut: „Sparpakete“ haben in der Vergangenheit zu Wahlniederlagen beigetragen. Daher „müssen“ sie heute anders bezeichnet werden. Zweitens: Sie haben nie nur aus Einsparungen bestanden, sondern immer auch aus einnahmenseitigen Maßnahmen. Also aus Steuererhöhungen. Hier könnte etwa auch Babler mitziehen, sofern nicht Kickl, sondern er Koalitionspartner der ÖVP und einer möglicherweise notwendigen weiteren Partei wird. Steuererhöhungen sind Teil seines Programms, das davon ausgeht, dass ein starker Staat gut und wichtig ist und dass etwa Erbschaften und Vermögen Anknüpfungspunkte liefern, diesen budgetär mit den europäischen Fiskalregeln in Einklang zu bringen.

Und weil gerade auch von Kickl die Rede war: Bei ihm ist das Thema Budget eine von vielen Leerstellen, die er hat. Und die er durch die Forderung, die CO2-Steuer abzuschaffen, nicht füllt. Oder durch den Ruf, nicht-österreichischen Staatsangehörigen Sozialleistungen zu streichen. Dadurch wird das Defizit unterm Strich nicht kleiner. Aber das ist ihm egal. Es geht ihm ja nicht um die Sache.

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