Einnahmen-Ausgaben-Spirale

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ANALYSE. Verteilungskämpfe sind vorprogrammiert. ÖVP und Grüne überlassen sie jedoch nachfolgenden Regierungen.

Die Steuereinnahmen können Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erfreuen: In den ersten vier Monaten dieses Jahres beliefen sie sich auf 31 Milliarden Euro und waren damit um fast fünf Milliarden höher als im Vergleichszeitraum 2021. Wobei das „Beste“ ist: Diese Entwicklung steht eher noch im Zeichen der wirtschaftlichen Erholung und noch nicht in dem der Teuerung. Sie wird – aufgrund höherer Preise – zu einem zusätzlich steigenden Umsatzsteuer-Aufkommen und mittelfristig auch – aufgrund angepasster Lohnrunden – zu einem ebenso steigenden Lohnsteuer-Aufkommen führen. Längerfristig hat Brunner, hat der Staat jedoch nichts davon, wie der Fiskalrat Anfang Juni feststellte: Es wird auch zu entsprechenden Pensionserhöhungen kommen müssen. Und durch sie werden die zusätzlichen Einnahmen de facto aufgefressen. Zitat Fiskalrat: „Ab dem Jahr 2024 wird der Einnahmenzuwachs aufgrund des im vollen Umfang erst verzögert einsetzenden Anstiegs der Pensionsausgaben fast vollständig kompensiert.“

Durch das jüngste „Teuerungsausgleichspaket“, das von der Regierung vorgelegt und auf parlamentarischer Ebene auch schon beschlossen worden ist, hat sich die ganze Sache verschoben. Offiziellen Angaben zufolge soll das Volumen bis zum Jahr 2026 kumuliert 28,6 Milliarden Euro betragen. Der Fiskalrat schätzt es auf 26,5 Milliarden, und er geht davon aus, dass es unterm Strich um 15,1 Milliarden Euro budgetbelastend wirken wird. Hintergrund: Wenn den Leuten mehr Geld bleibt, stecken sie es in den Konsum und das kommt letztlich zum Teil in Form von höheren Steuereinnahmen wieder beim Staat an. Aber eben nur zum Teil: 15,1 Milliarden Euro sieht er nie wieder.

Andererseits: Aus seiner Sicht darf es nicht darum gehen, hier ein Geschäft zu machen. Er muss jetzt Geld aufwenden, um soziale Verwerfungen zu entschärfen. Okay, das ist schlecht formuliert: „Jetzt Geld aufwenden“ ist daneben. Mehr als die Hälfte des Teuerungsausgleichspakets entfällt auf die Abschaffung der Kalten Progression. Sie führt nicht zu höheren Ausgaben, sondern zu geringeren Steuereinnahmen. In Summe geht es laut Fiskalrat bis einschließlich 2026 um 14,2 Milliarden Euro. Letztlich werde es sich um voraussichtlich 4,7 Milliarden Euro pro Jahr handeln.

Sprich: Das ist ein Paket, das diese Regierung zu verteilen beginnt, aber erst nachfolgende Regierungen begleichen lässt. Bis zur Wahl spätestens 2024 wird es aufgrund der angespannten Verhältnisse eher nicht das geben, was man früher als Sparpaket bezeichnet hat. Darüber hinaus wird ein solches aber unausweichlich werden.

Wobei sich mehr und mehr das Rätsel stellt, wie ein solches Paket ausschauen könnte: In der staatlichen Verwaltung ist relativ wenig zu holen. Die hohen Personalkosten liegen in Bereichen wie Bildung, Sicherheit und Gesundheit. Dort sind Einschnitte schwer bis unmöglich, soll allein in der Verteidigung doch (im Gegenteil) massiv investiert werden. Gerne ins Spiel gebracht wird auch die Kürzung von Förderungen. Sie aber werden fortlaufend ausgeweitet. Auf der anderen Seite sind neue Steuern auf politsicher Ebene nicht mehrheitsfähig bzw. geht es allenfalls um eine Umverteilung, nicht aber um eine Erhöhung der gesamten Steuern- und Abgabenquote. Würde Problemlösungsmöglichkeit drei bleiben: saftige Wirtschaftswachstumsraten. Mit ihnen ist vorerst aber nicht (mehr) zu rechnen. Wermutstropfen ist, dass Schuldenmachen aus staatlicher Sicht relativ günstig ist: Die Inflation macht jede Summe kleiner im Laufe der Zeit, die Zinsen dürften weiterhin recht niedrig bleiben, um Länder mit einem viel größeren Schuldenproblem nicht zu überfordern.

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