ANALYSE. Mit Entlastungsideen versucht Finanzminister Brunner über die Budgetmisere hinwegzutäuschen.
Politik ist Wiederholung: Für die Gratiszeitung „Heute“ ist das, was die Obfrau der Jungen ÖVP, Staatssekretärin Claudia Plakolm, gerade vorgeschlagen hat, eine „Steuer-Revolution“. Steuerzahler sollen demnach mitbestimmen können, was mit einem Teil der Einkommensteuer passiert: „Jeder soll zum Beispiel zehn Prozent einem Bereich seiner Wahl widmen – etwa Bildung, Digitalisierung, öffentlicher Verkehr oder Gesundheitssystem.“
Vor zwölf Jahren hat schon einmal jemand einen solchen Vorschlag gemacht. Ein Vorgänger Plakolms an der Spitze der Jungen ÖVP: Sebastian Kurz nämlich. „Wir hören ständig nur von Korruption, und kaum jemand weiß, wohin sein Geld, das er bezahlt, eigentlich wirklich fließt. Die, die zahlen, die sollten in Österreich auch eine Möglichkeit haben mitzubestimmen, wofür ihr Geld verwendet wird“, erklärte er.
Klingt aufs Erste vielleicht nett. Wie auch der Vorstoß von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) vom vergangenen Wochenende, das Drittel, das infolge der Abschaffung der kalten Progression jährlich umverteilt werden soll, „Leistungsträgern“ und Familien zugutekommen zu lassen. Es gehe um rund 650 Millionen Euro.
Eh schön. Fragt sich nur: Gibt’s keine anderen Sorgen? Nach dem Fiskalrat hat jüngst auch das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO darauf hingewiesen, dass das Budget aus dem Ruder läuft und ein Sparpaket notwendig ist. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr hat gleich ein paar Empfehlungen gemacht. Auszug: „Zurückhaltung bei den Löhnen im öffentlichen Sektor, Eindämmung der Zuschüsse in das Pensionssystem. Und, ja, wahrscheinlich wird es auch eine Erhöhung von Steuern brauchen, etwa von spezifischen Verbrauchssteuern, die durch die Inflation entwertet wurden, z. B. der Mineralölsteuer, die seit 2011 nicht erhöht wurde, während der VPI seither um 40% zugelegt hat.“
Wirtschaftsforscher, die sich kein Blatt vor den Mund nehmen, haben hier etwas in Gang gesetzt, was für die ohnehin schon angeschlagene „Finanzminister-Partei“ ÖVP potenziell gefährlich ist: Statt über Wohlfühlprogramme könnte im Wahlkampf über die Budgetmisere geredet werden – inklusive durchwegs unpopulärer Maßnahmen, um die finanziellen Verhältnisse wieder in Ordnung zu bringen. Mögliche Koalitionspartner könnten unter Verweis auf das, was sie hier zu verantworten hat, obendrein das Finanzminister-Amt für sich verlangen. Und zwar mit der Begründung, dass es so nicht weitergehen könne.
Dem gilt es aus türkiser Sicht vorzubeugen. Nach der Devise „Worüber geredet wird, das ist“, ignoriert sie Spar- und Belastungsvorschläge von Felbermayr nicht einmal. Sie stellt diesen vielmehr umgehend Inhalte entgegen, die wirken, als schwimme der Staat im Geld.
Und überhaupt, zum Kurz-Modell, mit dem jetzt Plakolm hausieren geht: Man stelle sich vor, Steuerzahler wollten unterm Strich weniger für Bildung und mehr für Gesundheit ausgeben: Auf der einen Seite würde es zu einem Mangel, auf der anderen zu einem Überfluss kommen. Beides wäre per se nicht gut, würde zum Beispiel eine Politik, der Bildung wichtig ist, zwingen gegenzusteuern.