ANALYSE. Österreichs EU-Vorsitz beginnt nach dem Schulterschluss mit Bayern bzw. der dortigen CSU katastrophal. Und: Einen Ausweg hat man sich selbst verbaut.
In den Stunden der Entscheidung des innerdeutschen Machtkampfs gibt sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betont zurückhaltend. Den Vorwurf, er habe sich auf die Seite der CSU gestellt, weist er auf Ö1 zurück. Als Parteichef halte er lediglich Kontakt mit Schwesterparteien. Das ist selbstverständlich legitim. Das Problem ist nur, dass er Ende Juni nicht als ÖVP-Obmann, sondern als Bundeskanzler in Linz zu einem Regierungstreffen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und dessen Kabinett zusammengekommen ist. Und dass davon zwei Botschaften ausgegangen sind: „Einigkeit in Asylfragen“, wie die Wiener Zeitung berichtete. Und: Kritik an der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bzw. an all jenen, die 2015 die Grenzen geöffnet hätten; sie haben es laut Kurz „verschuldet, dass es heute Grenzkontrollen gibt zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich, und die Situation vielleicht noch schlimmer wird“.
Um nicht missverstanden zu werden: Auch eine solche Parteiergreifung auf Regierungsebene ist legitim. Die Frage ist nur, ob sie gerade auch im Hinblick auf den nunmehrigen EU-Vorsitz Österreichs vernünftig ist. Und dazu wird die Antwort immer deutlicher: Nein, ganz und gar nicht.
Was man hierzulande bei aller Kritik an Merkel möglicherweise übersieht, ist dies: wie Deutschland, wie sie und die CDU dastehen.
Was man hierzulande bei aller Kritik an Merkel möglicherweise übersieht, ist dies: Deutschland steht summa summarum so gut da, wie seit Jahrzehnten nicht. Um eine solche Wirtschafts-, Budget- und Beschäftigungslage kann man es nur beneiden. Das ist das eine. Das andere: Umfragen attestieren Merkel und der CDU noch immer bemerkenswert gute Werte, während eine Erhebung von voriger Woche Söder bzw. der CSU bei der bayerischen Landtagswahl im Oktber eher ein Debakel verheißt.
Schon allein vor diesem Hintergrund könnte man als Österreicher erahnen, dass es auf der Seite der Bayern nicht viel zu gewinnen gibt: Gehen sie im Machtkampf gegen Merkel unter, schon gar nicht. Schaffen sie es, Merkel zu stürzen, auch kaum – weil die Stimmungslage alles in allem ganz offensichtlich nicht so ausgeprägt ist, dass sich dann ein Markus Söder-Kurs nach dem Vorbild eines Sebastian Kurz-Kurses durchsetzt.
Für das EU-vorsitzführende Österreich ist das extrem schlecht: Es zeichnet sich kein Gegenüber in Berlin ab, mit dem man sich zusammentun könnte oder auf dessen Wohlwollen man zumindest hoffen könnte. Das jedoch ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass man in Europa etwas weiterbringen kann.
Österreich kann nicht einmal mehr das Thema wechseln: „Ein Europa, das schützt“, steht.
Ja es kommt noch schlimmer: Österreich kann nicht einmal mehr das Thema wechseln und klammheimlich einfach alle Kraft in die Haushalts- oder Brexit-Verhandlungen investieren. Zu unmissverständlich hat man sich auf „Asyl und Flüchtlinge“ fixiert: „Ein Europa, das schützt“, lautet das rot-weiß-rote Vorsitzmotto.
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