ANALYSE. Nachdem die Grünen nicht einmal mit ihrem eigenen Nachwuchs fertiggeworden sind, werden sie es mit ihrem ehemaligen Sicherheitssprecher wohl noch viel weniger.
Vielleicht lebt Peter Pilz in einer Blase: Wenn er auf Twitter liest, was so über ihn geschrieben wird, muss er glauben, selbst den vermeintlichen Superstar der österreichischen Innenpolitik, Sebastian Kurz, in den Schatten zu stellen. Nicht zuletzt Journalisten, wie Georg Hoffmann-Ostenhof (profil), sprechen ihm dort Mut zu, eine eigene Liste zu gründen, nachdem er von den Grünen nicht auf den gewünschten Bundeslistenplatz 4 gesetzt worden ist und sich umgehend verabschiedet hat: „Lieber Peter, trotz Kränkung und Verletzung, lass Dich erweichen. Meine Vorzugsstimme hättest Du“, twitterte Hoffmann-Ostenhof.
Der 63-Jährige, der da angesprochen ist, wird hoffentlich jedoch selbst nicht glauben, dass so ganz Österreich tickt; und dass dieser Hype um seine Person von einer solchen Dauer ist, dass er sich in seinem Sinne zumindest bis zum Urnengang am 15. Oktober erstreckt. Auf Twitter ist nur gut jeder 50. Wahlberechtigte. Und bei allen übrigen ist er in der Vergangenheit jetzt auch nicht so erfolgreich gewesen; bei der letzten Nationalratswahl erhielt er gerade einmal 4393 Vorzugsstimmen.
Mit einer eigenen Liste könnten es natürlich mehr werden. Dafür, Pilz zu unterstützen, würde es zumindest zwei Motive geben: Politiker stärken, die parlamentarische Kontrolle ernst nehmen; und den Grünen einen Denkzettel verpassen (bzw. dafür abstrafen, dass sie Pilz eben nicht mehr nominiert haben).
Es geht um Kurz, Kern oder Strache. Und nicht Pilz.
Wie auf dieSubstanz.at in einem anderen Zusammenhang bereits dargestellt, geht es bei dieser Nationalratswahl ausnahmsweise jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht um Skandale und Affären, wie die Hypo Alpe Adria, die Causa Buwog oder die Eurofighter-Beschaffung. Es geht um Kurz, Kern oder Strache. Und nicht Pilz. Und da gibt es für die Masse der Wähler nur ein Motiv: Einen der drei Erstegnannten stärken (und sei es, um einen anderen zu verhindern). Wobei thematisch am ehesten Pflege, Pensionen, Bildung, Jobs und Flüchtlinge mit eine Rolle spielen werden. Aber eben nicht Korruption und dergleichen.
Aus dem Umgang von Ex-Parteichefin Eva Glawischnig mit den Jungen Grünen scheinen sie nichts gelernt zu haben.
Das ist für die Grünen schon grundsätzlich eine Herausforderung; und würde es für Liste Pilz überhaupt schwermachen, ins Parlament zu kommen. Wenn er etwas erreicht, dann am ehesten dies: Er nimmt seiner Noch-Partei ein paar Prozentpunkte weg, wobei ihm diese aufgrund ihrer Unfähigkeit, Konflikte zu bewältigen, gar noch helfen könnte. Aus dem Umgang von Ex-Parteichefin Eva Glawischnig mit den Jungen Grünen scheinen die Leute jedenfalls nichts gelernt zu haben: Wieder schaffen sie es nicht, mit Kritikern aus den eigenen Riehen umzugehen. Wieder rufen sie den Konflikt immer wieder selbst in Erinnerung (nicht zuletzt durch gut gemeinte Kommentare auf Twitter und Facebook). Und wieder staunt man darüber, dass sie es nicht zustande bringen, ein anderes Thema auf die Agenda zu setzen, das das unangenehme zumindest überlagert.
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