ANALYSE. Der FPÖ-Chef ist vom Bundeskanzler in die Schranken gewiesen worden. Auch dort hat er jedoch mehr als genug Möglichkeiten, zu einem Wahlsieg zu kommen. Sprich: Kern muss noch Größeres liefern.
Das Ö1-Duell zwischen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Eindruck hinterlassen. Auch auf Twitter: „Bist Du deppat, der führt den #Strache vor!“ Oder: „Finde, dass Straches Auftreten schon a bissal aus der Zeit gefallen ist und er auch inhaltlich alt gegen @KernChri aussieht.“
Tatsächlich gab es eine Überraschung: „So ein amikales Gespräch wie heute haben wir noch nie geführt“, brachte der Kanzler den Stil auf den Punkt. Sprich: Es mögen zwar „mittlere Welten“ (Kern) zwischen den beiden liegen, eine harte Auseinandersetzung lieferten sie einander aber nicht. Im Gegenteil. Und davon profitierte Kern naturgemäß mehr als Strache: Dieser lebt schließlich einzig und allein vom Angriff bzw. den unmöglichen Versuchen seines jeweiligen Gegenübers, einen solchen zurückzuschlagen. Soll heißen: Reagiert das Gegenüber nicht einmal, hat er ein größeres Problem.
Ein solches hat ihm der Kanzler am Mittwochabend im Radioduell beschert. Und zwar durch einen ganz einfachen Trick: Er ist nicht auf Strache eingegangen. Er ist zwar beim Thema geblieben, hat seine Wortmeldungen aber mit dem Hinweis eingeleitet, dass der Punkt doch ein ganz anderer sei, um dann davon zu reden, was er meint. Nicht einmal auf Untergriffe, wie Namensspiele, reagierte er weiter; dass sich „Kern“ dazu eigene, wisse er ja schon seit seiner Schulzeit. Womit Strache auch damit ins Leere fuhr.
Kern muss es gelingen, ein neues Thema zu entwickeln, das sich durchsetzt und das in erster Linie mit ihm verbunden wird; und nicht mit Strache.
Doch ist er damit schon geschlagen? Mitnichten. Zum einen sind es ja nach wie vor seine Themen, die zur Debatte stehen: Vor allem Flüchtlinge und Kriminalität in allen erdenklichen (negativ besetzten) Ausformungen und Abwandlungen. Und das reicht ihm schon für Wahlerfolge aus: Man unterstützt ihn ja nicht, weil man von ihm erwartet, dass er etwas ändert, sondern weil er die Dinge beim Namen nennt. Und das tut er noch immer als erster.
Will sich Kern gegen Strache bei den kommenden Nationalratswahlen durchsetzen, muss er also mehr liefern. Und zwar wirklich Großes: Es muss die Österreicher endlich davon wegbringen, zu glauben, es gebe nur noch ein Flüchtlings-Kriminalitäts- und irgendwann möglicherweise auch bürgerkriegsähnliches Problem, wie es Strache und seine Helfershelfer, darunter Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), vermitteln. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es Kern gelingt, ein neues Thema zu entwickeln, das sich durchsetzt und das in erster Linie mit ihm verbunden wird; und nicht mit Strache.
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