Strache ist nicht das Problem der FPÖ

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ANALYSE. In Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung verzichtet Norbert Hofer auf eine Erneuerung der Partei und einen klaren Oppositionskurs.

Führungsqualitäten kann man FPÖ-Chef Norbert Hofer nicht nachsagen. Wie auch immer man zu ihm steht: Nach Ibiza hat der Mann darauf verzichtet, durchzugreifen und Heinz-Christian Strache aus der Partei auszuschließen. Ergebnis: Strache konnte sein parteischädigendes Verhalten weiter pflegen und so folgten auf die kleinere Niederlage bei der EU-Wahl wesentlich größere Einbrüche bei der EU-Wahl sowie den Landtagswahlen in Vorarlberg und der Steiermark. Fortsetzung folgt.

Im Burgenland und in Wien, wo im kommenden Jahr gewählt wird, ist die Ausgangslage extrem schwierig für die Freiheitlichen: 2015 hatten sie dort im Schatten der Flüchtlingskrise ein Niveau erreicht, das so oder so schwer bis gar nicht mehr erreichbar ist.

Jetzt wird Strache wohl ausgeschlossen, der Schaden ist jedoch angerichtet: Hofers Zurückhaltung hat etwa dazu beigetragen, dass die Neuaufstellung der Partei in der Bundeshauptstadt bis heute nicht einmal angegangen worden ist. Ausgerechnet Straches Zögling und langjähriger Vertrauter Dominik Nepp ist Obmann geworden und soll auch als Spitzenkandidat in die Gemeinderatswahl gehen. Warum nicht gleich Strache selbst?

Vielleicht aber hat Norbert Hofer einen großen Plan, den er einfach nur für sich behält. Inhalt: Letzten Endes gibt es eine Fortsetzung der türkis-blauen Koalition auf Bundesebene und Kickl, der von der ÖVP ebendort in keiner Rolle akzeptiert wird, übernimmt „Wien“. Hofer selbst macht zumindest keinen Hehl daraus, dass er um fast jeden Preis Vizekanzler werden möchte. Entsprechend nervös werden er und Seinesgleichen, weil (erstens) ÖVP-Chef Sebastian Kurz derzeit ernsthafte Gespräche mit den Grünen führt; weil (zweitens) die vermeintlich chaotischen Grünen dabei so diszipliniert auftreten, dass (drittens) ein wachsender Anteil der Österreicherinnen und Österreicher wirklich Türkis-Grün will.

Hofers Plan ist so oder so nicht sonderlich erfolgversprechend für die gesamte Partei: Sie sollte mittlerweile selbst wissen, dass ihr Platz eher in der Opposition als in der Regierung ist. Unmut und Protest, die sie sehr wirkungsvoll bedienen kann, vertragen sich nicht mit staatstragenden Rollen, wo noch dazu die Verlockungen der Macht alltäglich sind. Von daher sind Regierungsbeteiligungen bisher meist schlecht ausgegangen für die Freiheitlichen. Doch das führt jetzt zu weit: Zurzeit ist Hofer weder in der Opposition noch in der Regierung. Er hat die Partei quasi neutralisiert.

Wie er da wieder herauskommen will, ist fraglich. Zu hoffen, dass im schlimmsten Fall Türkis-Grün kommt und die Freiheitlichen automatisch profitieren davon, wäre leichtfertig. Zum einen zeigen die Koalitionen zwischen ÖVP und Grünen in Salzburg, Tirol und Vorarlberg, dass das keine Sprungbretter für die Blauen sein müssen.

Zum anderen kommt es immer auch auf die Themen an, die sich gerade stellen und die von einer Koalition gespielt werden. Was das betrifft, ist es für Hofer und Co. zum Beispiel weniger attraktiv, dass Sebastian Kurz nicht mehr „Asyl und illegale Migration“ an der Spitze seiner Agenda stehen hat, sondern die Bewältigung der Wirtschaftsflaute und steuerliche Entlastungen.

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