SPÖ: Und jetzt die Selbstaufgabe

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ANALYSE. Die Sozialdemokratie wirkt erleichtert, kaum noch wahrgenommen zu werden. Ihrem Schicksal hat sie sich im Übrigen gebeugt.

Der Zustand der SPÖ bringt diese Geschichte wohl besonders gut zum Ausdruck: Bei der Nationalratswahl haben nicht alle Genossinnen und Genossen verloren. Der eine oder die andere war sogar sehr erfolgreich. Der 33-jährige Tarik Mete beispielsweise. Ja, einer breiteren Öffentlichkeit ist er bisher ziemlich unbekannt gewesen. Der Salzburger brachte alles in allem jedoch 17.837 Vorzugsstimmen zusammen. Das waren 18 Mal mehr als der Chef der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter Rainer Wimmer und jeweils rund 60 Mal mehr als der ehemalige Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda und die Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek.

Ein Hoffnungsträger also. Ganz besonders in dieser Sozialdemokratie. Würde man meinen. „Der Standard“ hat gerade ein Interview mit Mete gebracht und darin hat er auf eine entsprechende Frage hin erklärt, dass ihn seit der Nationalratswahl niemand von der Bundesparteiführung kontaktiert habe. Soll heißen: Kein Mann und keine Frau hat ihn angerufen, um ihm zu gratulieren, ihn zu ermuntern, wie erfreulich und gut es sei, dass wenigstens einer ankommt und vorsichtig zu fragen, ob er nicht daran interessiert wäre, vielleicht einmal nach Wien zu kommen. Nein, nichts dergleichen. Gar nichts. Doch kommen wir zum Punkt: So verhält sich eher nur, wer resigniert hat und sich nicht einmal mehr helfen lassen möchte.

Das ist bezeichnend: Die SPÖ scheint dieser Tage erleichtert darüber zu sein, dass ihre Krise aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Für mehr reicht’s nicht. Klar, das ist schon einmal ein Schritt. Das Problem der Partei ist jedoch, dass die Politik draußen ohne sie weitergeht. Und dass das ihre fast schon aussichtslose Lage noch viel schlimmer machen könnte.

„Politik draußen“ heißt auf Bundesebene Regierungsbildung: Im Zentrum steht selbstverständlich Sebastian Kurz (ÖVP). Und er nimmt sich gerade die Grünen zur Brust. Da kann die SPÖ nur eine Nebenrolle spielen. Aber gar keine bzw. eine solche: Die Partei unter der Führung von Pamela Rendi-Wagner ist einerseits in Warteposition und andererseits zunehmend von Zweifeln ergriffen. Zuletzt hat AK-Präsident Renate Anderl festgestellt, dass man letzten Endes wohl in Opposition bleiben werde. Da ist etwas dran. Kurz wird kaum zu einer „Großen Koalition“ zurückkehren.

Aber muss man es ihm so einfach machen? Schon den relativ wenigen Wählern ihrer Partei zuliebe könnte die SPÖ ein bisschen mitpokern. Diese wollen sie nämlich zu 100 Prozent in der Regierung haben, so das Ergebnis der SORA-Wahltagsbefragung. Allein ihretwegen könnte man ein, zwei Dinge klar und deutlich und immer wieder betonen, die der eigenen Überzeugung zufolge wirklich wichtig wären für die Zukunft des Landes.

Sollte Türkis-Grün zustande kommen, sind die sozialdemokratischen Perspektiven alles andere als rosig. Das könnte eine Politik ergeben, die ihr in vielen Bereichen nahekommt. Da ist Opposition schwer. Sollte eine Minderheitsregierung kommen, müsste die SPÖ erst recht wissen, was sie will; sonst wird mit ihr gespielt.

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Das einzige, was der SPÖ – insbesondere auch im Hinblick auf die Wiener Gemeinderatswahl 2020 – unter Umständen passen könnte, wäre eine Fortsetzung der türkis-blauen Koalition. Dagegen ließe sich möglicherweise mobilisieren. Wobei: Sicher ist das nicht. Die SPÖ hat nicht einmal vom grandiosen Scheitern von Türkis-Blau I profitiert.

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