Pink passt eher zu Ludwig als grün

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ANALYSE. Das Wiener Wahlergebnis bestätigt den Fokus von Michael Ludwig auf die Flächenbezirke. Was wiederum auch Einfluss auf die Koalitionsfrage hat.

Über potenzielle, aber auch hochmotivierte Koalitionspartnerinnen und -partner kann sich Wiens SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig nicht beklagen. Für die Grünen stellte Klubobmann David Ellensohn am Wahlabend gleich nach der Trendprognose und noch vor der ersten Hochrechnung fest, dass man die Zusammenarbeit nun fortsetzen könne. Für die Neos warf sich Bundesvorsitzende Beate Meinl-Reisinger am folgenden Tag im ö1-Morgenjournal ins Zeug; aber subtiler: Sie forderte, die Öffis in den Flächenbezirken auszubauen und gab sich gleich auch verwundert darüber, dass die Grünen dies bei ihrer Konzentration auf eine verkehrsberuhigte City vernachlässigen würden. Das wird Ludwig gefallen haben.

Die Sache ist nämlich die: Mit der Kür von Michael Ludwig zu ihrem Parteivorsitzenden hat die Wiener Sozialdemokratie eine Richtungsentscheidung getroffen. Es ging nicht mehr so sehr um eine weltoffene, bunte Stadt mit großer Kultur und schillernden Events wie dem Life Ball. Der Floridsdorfer Ludwig lenkte den Blick vielmehr auf die Bezirke außerhalb des Gürtels und über der Donau drüben. Motiv: Dort lebt eine wachsende Masse der Wähler; dort werden Wahlen entschieden. Und dort sind die Freiheitlichen zum Leidwesen der Sozialdemokratie in den vergangenen Jahren besonders stark gewesen.

Das nunmehrige Wahlergebnis zeugt von dieser Umorientierung: In Zentrumsnähe hat die SPÖ eher verloren, „draußen“ eher stärker gewonnen. In Summe führte das zu einem Plus. Allein: Am Beispiel des wählerreichsten Bezirks, der Donaustadt, zeigt sich, dass sich der Erfolg in Grenzen hielt: Plus 5,5 Prozentpunkte auf rund 46 Prozent (laut Hochrechnung) sind nicht berauschend, wenn man bedenkt, dass die FPÖ daneben knapp 30 Prozentpunkte verlor. Schlimmer noch: Die ÖVP konnte hier mit einem Zugewinn von mehr als zwölf Prozentpunkten wesentlich mehr vom blauen Absturz profitieren.

Soll heißen: Es ist naheliegend, dass Ludwig seinen Fokus auf die Flächenbezirke noch verstärkt. Mit den Grünen geht das schwer, zumal sie mit ihren Themen, von Verkehrsberuhigung bis Klimaschutz, Ludwigs Werben um die Vorstadt eher stören – (Ex-)Freiheitliche gewinnt man damit jedenfalls weniger. Bezeichnend dazu Ernst Nevrivy, sozialdemokratischer Bezirksvorsteher der Donaustadt: Via ORF lässt er wissen, dass man den Grünen das Verkehrsressort entziehen sollte. Oder der Todesstoß, den Ludwig selbst unmittelbar vor der Wahl der „autofreien City“ versetzt hat, die von Grünen-Chefin Birgit Hebein forciert wurde. Beides kommt fast schon einer Absage an Rot-Grün gleich.

Mit den Neos würde für Ludwig vieles leichter gehen in Bezug auf die Wählermassen in den Flächenbezirken. Ihr Widerspruch zum „roten Wien“ mit starker Verwaltung und ausgeprägten Sozialleistungen mag beträchtlich sein. Sie brauchen aber dringt eine Regierungsbeteiligung, um sich weiter zu etablieren. Und mit Bildungsthemen, auf die sie sich konzentrieren, würden sie Ludwigs Zielgruppen kaum verstören.

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