Im Niedergang

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ANALYSE. SPÖ: In Oberösterreich und mehr noch in den Bundesländern weiter im Westen zeigt sich, was passiert, wenn eine Erneuerung ausbleibt.

An der Spitze der oberösterreichischen SPÖ herrscht ein Kommen und Gehen, jetzt muss Birgit Gerstorfer weichen. Michael Lindner, Klubobmann der Landtagsfraktion, soll übernehmen. Auf der Startseite von ORF.AT ist die Meldung schnell nach unten gerutscht. Ein Signal für den Bedeutungsverlust, den die Partei in dem großen Industrieland erlitten hat.

Man misst ihr keine besondere Bedeutung mehr zu, es wird ihr kaum noch Luft gelassen und sie steht sich selbst im Weg. Das Problem ist so umfassend und zeigt sich mehr noch in den Bundesländern weiter im Westen: Sowohl in Salzburg als auch in Tirol und sogar in Vorarlberg war die SPÖ einst in der Regierung vertreten. In Salzburg stellte sie mit Gabi Burgstaller sogar die Landeshauptfrau. Seit sie nicht mehr in der Regierung ist (was auch damit zu tun hat, dass sich die ÖVP lieber mit Freiheitlichen oder zuletzt Grünen zusammengetan hat), geht es bergab mit ihr. Sie erreicht bei Landtagswahlen nur noch zwischen knapp zehn (Vorarlberg) und rund 20 Prozent (Salzburg); in Salzburg ist das nicht einmal halb so viel wie 2004 (45,4 Prozent).

In Oberösterreich (18,6 Prozent) gibt es zwar noch eine Proporzregierung. In Wirklichkeit konzentriert sich die Macht jedoch auf türkise und blaue Mitglieder, deren Parteien eine Koalition bilden. Für die SPÖ durfte bisher Gerstorfer dabei sein, aber eher nur zuschauen. Sprich: Keine Macht entfalten, nichts Wesentliches verwalten, geschweige denn gestalten.

Das ist gerade in der Landespolitik ein Problem: Sie steht ungleich weniger im Fokus der Öffentlichkeit als die Bundespolitik. Wer hier nicht federführend dabei ist, hat es schwer, überhaupt wahrgenommen zu werden. Außerdem: Mit Wahl- und Macht- gehen auch Ressourcenverluste einher. Man hat zum Beispiel weniger Leute, um Politik betreiben zu können. Man läuft de facto Gefahr, abzusterben.

Umso wichtiger wäre für die SPÖ ein Neustart. Die Frage, die einem solchen vorausgeht, könnte man genauso gut der ÖVP stellen, sie aber kann sich eben noch an die Macht klammern und besser darüber hinwegtäuschen: Wofür steht die Partei? Welche Zukunftsfragen könnte sie so wirkungsvoll besetzen, dass sie auch den größten Zuspruch dafür erntet?

Ernüchterung: In der Vergangenheit gab es Initiativen. Alfred Gusenbauer prägte etwa den Begriff einer „solidarischen Hochleistungsgesellschaft“. Gewerkschafter liefen Sturm: „Was werden sich die vielen Menschen denken, die Opfer dieser Hochleistungsgesellschaft geworden sind? Das sind Zehntausende“, konterte Hans Sallmutter. Christian Kern versuchte es mit einem Plan A, der unter anderem eine Arbeitszeitflexibilisierung sowie eine Durchforstung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen vorsah. Auch damit machte er sich keine Freunde in Gewerkschafterkreisen.

Das wird kein Gewerkschafter-Bashing. Von ihnen ist hier nicht zufällig die Rede. In einem Strategiepapier, das Gerstorfer in Oberösterreich mit zum Verhängnis wurde, wird angeregt, den Einfluss der Gewerkschafter in der Partei zu überdenken. Also zurückzudrängen. Ob das eine Lösung ist, zumal ein Plan B nicht in Sicht ist, der auf ein Fortbestehen ohne Gewerkschaftsbewegung hinausläuft, ist zweifelhaft.

Der Punkt ist wohl eher, dass Gewerkschafter, die die Sozialdemokratie in einigen Bundesländern stärker repräsentieren als unmittelbare Vertreter der Partei, gefordert wären, Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Allein: Kandidaten wie Roman Hebenstreit, die einigen Genossinnen und Genossen als Hoffnungsträger gelten, existieren. Um sie aber herrscht gespenstische Ruhe.

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