Mobbing zur Präsidentschaftswahl

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ANALYSE. Mit Ausnahme der FPÖ ist keine Partei gut beraten, Van der Bellen herauszufordern. Anderslautende Aussagen aus den Reihen von SPÖ und ÖVP sind böse gemeint.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ist wieder einmal ausgeschert innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Österreichs: Im Unterschied zu anderen Spitzenfunktionären will er im Hinblick auf die Bundespräsidenten-Wahl im kommenden Herbst weder etwas davon wissen, sich für eine Unterstützung von Amtsinhaber Alexander Van der Bellen auszusprechen noch dessen Entscheidung abzuwarten, für eine zweite Periode anzutreten. Wenn man überzeugt sei, dass man eine starke politische Kraft ist und die Wahl gewinnen kann, dann sollte man mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen gehen, so Doskozil: „Ich bin davon überzeugt.“

Botschaft: Hans Peter Doskozil gibt sich als einziger selbstbewusster Sozialdemokrat österreichweit aus. Allein: Ernstgemeint sein kann das nicht. Als potenzieller SPÖ-Kandidat gehandelt wurde bisher etwa ausgerechnet der burgenländische Ex-Landeshauptmann Hans Niessl. Prognose: Dessen Erfolgsaussichten erinnern an das Ergebnis, das SPÖ-Mann Rudolf Hundstorfer bei der Bundespräsidenten-Wahl 2016 erzielte. Elf-komma-drei Prozent.

Die Ausgangslage ist heuer so ziemlich unvergleichlich, für die Sozialdemokratie aber einmal mehr extrem schlecht. Grund: Alexander Van der Bellen steht für den Traum aller Anhänger einer rot-grün-pinken Koalition. Er konnte diesen Traum im Unterschied zu ihnen aber schon realisieren, als er vor sechs Jahren bei einem bundesweiten Urnengang eine Mitte-Links-Mehrheit zusammenbrachte.

Für die SPÖ war das bitter. Es ging auch auf ihre Kosten: 200.000 der insgesamt rund 900.000 Van der Bellen-Wähler des ersten Wahlgangs stammten von ihr. Hundstorfer musste sich mit 450.000 begnügen. Bei der Stichwahl wanderten wiederum drei Viertel davon zu Van der Bellen. Sprich: Der Ex-Grüne war für Rote ein attraktives Angebot. Es spricht nichts dafür, dass sich das geändert haben könnte. Im Gegenteil: Mittlerweile hat er einen Amtsinhaberbonus, erfreut sich – im Vergleich mit allen übrigen Vertretern der Bundespolitik – bester Persönlichkeitswerte.

Man kann also unterstellen, dass es Doskozil darum geht, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner weiter zu mobben: Indem sie dazu tendiert, keinen Gegenkandidaten zu Van der Bellen aufzustellen, sagt sie nach Darstellung des Burgenländers, dass die Sozialdemokratie keine starke politische Kraft sei. Würde sie einen Gegenkandidaten präsentieren, wäre das zunächst vielleicht anders, würde aber mit einer bitteren Niederlage enden. Sie selbst kann in einer Doskozil-Inszenierung also wieder einmal nur schlecht aussteigen.

In der ÖVP gibt es kaum jemanden, der sich mit einem eigenen Kandidaten gegen Van der Bellen aufs Feld wagt. Kurz nach Weihnachten ließ der Tiroler Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser wissen, dass er sich Landeshauptmann Günther Platter dafür vorstellen könne. Das zeugte von echter Parteifreundschaft: Walser werden Ambitionen nachgesagt, Platter an der Spitze des Landes eines Tages beerben zu wollen. Würde Platter bei der BP-Wahl antreten, würde sich das unter Umständen schneller in die Tat umsetzen lassen. Platter wäre aber übel beraten, sich darauf einzulassen. Seine Chancen, Staatsoberhaupt zu werden, wären gleich null.

Von einer Wiederwahl Van der Bellens ist auszugehen. Zumal er nicht nur linke Wähler anspricht, sondern auch sehr viele, die einer bürgerlichen Mitte zuzurechnen sind. Nur so konnte er 2016 beispielsweise 53,8 Prozent erreichen. Platter könnte nun allenfalls nur einen Achtungserfolg erzielen. Ein solcher wäre aber letzten Endes vollkommen wertlos.

Von den im Nationalrat vertretenen Parteien hat einzig die FPÖ gute Gründe, Alexander Van der Bellen herauszufordern. Rein strategisch muss sie es sogar tun: Erstens, mit Norbert Hofer hatte sie 2016 das stärkste Alternativ-Angebot zu diesem. In der Stichwahl konnte sie mit Hofer erhebliche Teile der ÖVP-Wählerschaft gewissermaßen dazu verleiten, fremdzugehen. Das wird sie wiederholen wollen. Vor allem, nachdem die Volkspartei ohne Sebastian Kurz kein so attraktives Angebot mehr ist für ihre Klientel. Zweitens: Man kann damit rechnen, dass eine Gruppierung wie die Impfgegnerliste MFG jemanden ins Rennen schicken wird. Gerade die FPÖ, der diese Liste besonders zusetzt, muss dem mit einem eigenen Kandidaten entgegentreten. Auch wenn ein solcher – sagen wir – nicht über 25 Prozent hinauskommen würde: Das wären noch immer viel mehr, als die Partei derzeit in Sonntagsfragen hält.

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