Wie inkompetent darf ein Finanzminister sein?

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ANALYSE. Gernot Blümel lässt an sich zweifeln. Zuletzt im Rahmen seines peinlichen Versuches, die EU anzugreifen.

Der Fehler, bei Budgetzahlen anzumerken, dass es sich um Millionen handelt, hätte jedem Finanzminister passieren können. Zumal er das Zahlenwerk ja nicht selbst zusammenfasst und es auch hier einfach nur menschelt. So viel Gerechtigkeit für Gernot Blümel muss sein. Der Fehler wird ihm jedoch ewig Spott und Hohn bescheren. Neos-Wien-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr sagte in einem ZIB2-Interview beispielsweise, er schließe Blümel als Bürgermeister aus, „wer er als Finanzminister bewiesen hat, dass er nicht rechnen kann“. Das war schon sehr böse. Andererseits: Das mit den Millionen war bezeichnend für Blümel – für seine Geringschätzung fürs Hohe Haus, die er auch schon einmal dadurch zum Ausdruck brachte, dass er in Socken (ohne Schuhe) durchs Plenum spazierte.

Und überhaupt: Schon lange hat kein Finanzminister so wenig Kompetenz bewiesen, um es vorsichtig auszudrücken. Wobei man zum Teil nicht weiß, ob er nur so tut oder wirklich glaubt, was er sagt. Kleines Beispiel: Die europäische Plastikabgabe will er- wie so vieles andere auch – „aus dem Budget“ bezahlen. Das tut zunächst niemandem weh, steht jedoch in einem krassen Widerspruch zu „Sparen im System“ und dem andauernden Entlastungsgerede: Wie soll sich das ausgehen, wenn daneben die Ausgaben immer noch weiter in die Höhe getrieben werden?

Im Sommer hat sich der Finanzminister eine außerordentliche Blöße geleistet: „Blümel: Österreich eines der Top-Drei-Länder beim Wiederaufbau der Wirtschaft“, ließ er per Aussendung verkünden: In der Eurozone investiere man am zweitmeisten im Verhältnis zum BIP. Als Quelle wurde die EZB angeführt. Allein: In weiterer Folge gab es in dieser Aussendung keine Ausführungen mehr dazu. Und auch die Studie, auf die sich das beziehen soll, ist unauffindbar. Sie ist offiziell nie veröffentlicht worden. Worüber Blümel jedoch erleichtert sein darf: Er ist stolz darauf, dass (voraussichtlich) nur ein Euro-Land mehr zur Krisenbewältigung aufwendet. Das ist Griechenland. Was grundsätzlich keine Schande sein müsste. Ausdruck einer besonderen Leistung ist es aber auch wieder nicht: Österreich ist mit einem Lockdown in die Pandemie gegrätscht; das hat sie für ein paar Wochen beinahe zum Erliegen gebracht. Gleichzeitig hat es aber auch zu einem vorübergehenden Beinahe-Zusammenbruch der Wirtschaft geführt, der enorme staatliche Aufwendungen nötig macht. Das ist nichts, worauf man stolz sein muss.

Blümels jüngste Blöße: Seit Tagen trommelt er, als ÖVP-Spitzenkandidat nebenbei auch im Wiener Gemeinderatswahlkampf stehend und um Ex-FPÖ-Anhänger werbend, landauf, landab, die EU blockiere den rot-weiß-roten Fixkostenzuschuss für Unternehmen. Die Kommission genehmige ihn nicht, er sei entsetzt. „Wir haben absolut kein Verständnis für die Blockade der EU-Kommission“, assistierte ihm zuletzt auch noch seine Parteikollegin, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) via Twitter.

Es folgte ein Showdown mit dem Vertreter der Kommission in Österreich, Martin Selmayr, das seltsamerweise (aber offenbar eben zu Inszenierungswecken) medienöffentlich war und von APA sowie hier von der „Kleinen Zeitung“ dokumentiert wurde. Ergebnis: Sehr viel spricht dafür, das Blümel nicht in der Lage war, einen sauberen Antrag zu stellen. „Wenn sich drei intelligente Leute zusammensetzen“ wäre das laut Selmayr „innerhalb einer halben Stunde“ erledigt.

Ja, das war eine Demütigung für den Finanzminister. Und er reagierte laut der Zeitung denn auch „patzig“ – und entlarvend, als wollte er alles zugeben bzw. irgendwie noch rechtfertigen: „Ich bitte Sie, hören Sie auf mit diesen Paragraphen, ich weiß schon, dass man auf Rechtliches achten muss … Es geht um österreichisches, nicht europäisches Steuergeld, das eingesetzt werden soll.“

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