Strache demontiert sich

ANALYSE. Warum die Wahrscheinlichkeit, dass der FPÖ-Chef Kanzler wird, wieder schwindet. 

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ANALYSE. Warum die Wahrscheinlichkeit, dass der FPÖ-Chef Kanzler wird, wieder schwindet.

Dass die Reise nach Russland ein toller Erfolg gewesen sei, muss FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dieser Tage immer wieder betonen. Es glaubt ihm schließlich keiner. Und insgesamt sollte auch ihm dämmern, dass insbesondere die Vereinbarung mit der Partei von Wladimir Putin, sich gemeinsam für „Patriotismus und Arbeitsfreude“ einzusetzen, ein ziemlich schwerer Patzer gewesen ist. Und zwar einer, wie er ihn sich nicht öfter leisten sollte; zumal sich seine Aussichten auf das Kanzleramt ohnehin schon verschlechtern.

Auf Straches vermeintlichem Durchmarsch an den Ballhausplatz sind zwei, drei Dinge übersehen worden. Erstens: Der Höhenflug der Freiheitlichen stand in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. Von dieser wollen und können immer mehr Österreicher jedoch nichts mehr wissen. Im Gegenteil, sie schauen, wie auf diesem Blog bereits mehrfach ausgeführt, wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Von wegen Untergang des Abendlandes also. Zweitens: Eine relative Mehrheit wollte (und will möglicherweise nach wie vor) Rot-Schwarz schlicht und ergreifend stürzen; dazu wählt ein guter Teil davon halt Blau. Strache als Regierungschef wünscht sich aber nur eine Minderheit. Drittens: Die FPÖ selbst hat zu ihrem Höhenflug exakt null beigetragen; sie hat sich quasi ausschließlich auf die für sie günstigen Winde verlassen.

All das rächt sich für sie, wie eine Vertiefung dieser drei Punkte verdeutlicht:

Ad 1) SPÖ und ÖVP schlafen nicht. Sie haben auch gemerkt, was da läuft. Also haben sich die Sozialdemokraten von Werner Faymann getrennt; und mit seinem Nachfolger Christian Kern stehen sie nun zwar nicht sensationell, aber deutlich besser da. Auch die ÖVP wird zwei, drei Monate vor der nächsten Nationalratswahl reagieren; Strache muss damit rechnen, dass er dann nicht mit Reinhold Mitterlehner, sondern Sebastian Kurz als Gegner konfrontiert ist. Und gegen diesen muss er sich in der Öffentlichkeit erst einmal behaupten.

Ad 2) Je länger sich Strache in der Position des vermeintlich fixen nächsten Kanzlers befindet, desto mehr muss er auch als solcher liefern. Und damit tut er sich grundsätzlich schwer: Bei der Wiener Gemeinderatswahl, bei der er sich schon als Bürgermeister sah, ging das im vergangenen Jahr gründlich daneben. Er an der Spitze? Das schreckte dann doch viele Wähler ab.

In ihrem Bemühen, sich auf internationaler Ebene zu rehabilitieren, machen Strache und seine Mitstreiter erst recht deutlich, wie sehr sie dort gemieden werden.

Ad 3) An die Stelle der Flüchtlingspolitik treten zunehmend andere Politikbereiche. Und da sind die wenigen Versuche von Strache, sich zu profilieren, jämmerlich, selbstbeschädigend oder beides. Wer zum Beispiel im Herbst in der CETA-Debatte genauer hingeschaut hat, hat festgestellt, dass er sich (im Unterschied zu den Grünen) nicht einmal die Mühe gemacht hat, ein ausführlicheres Argumentarium vorzulegen. Im ORF-Sommergespräch wurden wiederum seine Schwächen in Sachfragen deutlich: Eine Steuerentlastung durch Einsparungen in der Verwaltung zu ermöglichen, klingt gut; wie aber die zwölf Milliarden Euro zusammenkommen könnten, bleibt ein Rätsel. Eine Senkung von Sozialversicherungsbeiträgen und eine Erhöhung der Pensionen in einem Atemzug zu verlangen, ist etwas merkwürdig; beides zusammen geht nicht, das ist ein Widerspruch.

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Und jetzt eben auch diese Reise nach Russland: In ihrem Bemühen, sich auf internationaler Ebene zu rehabilitieren, machen Strache und seine Mitstreiter, darunter Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer, erst recht deutlich, wie sehr sie dort gemieden werden. Und zwar so, dass das auch wirklich jeder sieht: Wie dereinst schon Jörg Haider müssen sie sich mit zwielichtigen Gestalten begnügen. Wobei sie selbst nicht einmal merken wollen, dass sie es sind, die letztlich für Propagandazwecke eingespannt werden. Was ihrem Ansinnen, Regierungsfähigkeit zu demonstrieren, gründlich zuwiderläuft.

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